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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Möbel und Objekte mit Geschichte – Garderoben

Montag, 31.1.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Garderoben

Wenn man wo hereinspaziert findet man meist eine Garderobe, sei es ein Lokal, eine Kulturinstitution oder der Vorraum einer Wohnung. Dies gewährt einen ersten Eindruck was man vorfinden wird. 

“Ist sich gerade noch ausgegangen!” – mit diesen Worten habe ich meinen Mantel auf dem Wiener Konzerthaus Garderobenständer aufgehängt und Birgit Fenderl begrüsst.

Die Garderobenständer wurden, als das Haus renoviert werden musste, nicht alle wieder verbaut und kamen somit auf den Vintage Design Markt (oder auch Altwarenmarkt). Entworfen wurde diese spezielle Garderobe von Helmer & Fellerer, dem genialen Opern- und Theaterarchitektenbüro.

Screenshot meiner Pünktlichkeit dank NORMALZEIT!

Ein weiteres Prachtstück, oder Möbel mit Geschichte, war der Garderobenständer aus der Wiener Stadthalle von dem legendären österreichischen Architekten Roland Rainer. Damals 2002 wurde mir auf einem Fest zugetragen, dass diese wunderbaren Zeitzeugen und Kulturstücke zwei Tage später verschrottet werden sollten – und dies zum Kilopreis des Eisenhändlers. Die Rainer Garderobenständer aus 1956 aus der Wiener Stadthalle – ich dachte mir damals nur: “Das kann doch nicht sein, das kann man doch nicht einfach machen!”

An besagtem Tag hatten wir zwei Stunden Zeit und schafften es sechzig Stück zu retten, der Rest wurde zu meinem Leidwesen vor meinen Augen eingestampft. Vier LKWs haben wir jedoch vollgeräumt und abtransportiert. 

Wenn man sich überlegt, dass ein Rainer Garderobenständer ein paar Monate später 4500 Pfund bei Sotheby’s in London eingebracht hat, dann kann man es kaum fassen.

Die internationale Presse war damals schockiert und hat sich gefragt “Was macht Österreich mit seinen Kulturgütern nach dem Jugendstil!”. Das muss man sich vorstellen –  eine Nation, die Jugendstil und Biedermeier erfunden hat, geht so mit ihrem kulturellen Erbe um. 

Aber was bedeutet nun die Bezeichnung “Garderobe” überhaupt? Der Begriff kommt aus dem Französischen, wobei garder bewachen auf Deutsch übersetzt heißt und robe Kleidung, ergo bewachte Kleidung. 

Was uns zu den Damen bringt, die jene Kleidung bewacht haben. Schon Ephraim Kishon, der berühmte israelische Satiriker ungarischer Herkunft hat über die Wiener Garderobieren oder “Garderobenhexen” geschrieben, die auf den nichtsahnenden Besucher losstürmten um den Mantel zu entreißen.

Als nächstes Objekt mit Geschichte präsentierte ich einen noch unrestaurierten Kleiderständer aus den Steinhofgründen um 1910 von Josef Hoffmann (nicht verpassen, im MAK gibt es gerade eine sehr interessante Übersichtsausstellung zu besichtigen). Wenn dieser dann auf shabby chic hergerichtet ist, wird er um die 4000 Euro wert sein. 

Ich versuche immer mein Umfeld zu motivieren rechtzeitig Bescheid zu geben, wenn es um die potenzielle Rettung österreichischer Kulturgüter geht, einfach um eine gewisse Wertschätzung und “Awareness” für diese Stücke wiederzubeleben. In dem Fall war es eine Projektleiterin, die mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass etwas Neues dort entsteht – die Gesiba und die Soros Universität sollen dort einziehen – und hat mich dazu animiert diese Kleiderständer vor einem unrühmlichen Schicksal zu bewahren.

Das nächste Objekt war ein gutes altes Kaffeehausstück von Thonet, ein Eckkleiderständer, kein Wandkleiderständer – der dort Verwendung findet, wo wenig Platz ist, in einem kleinen Kaffeehaus. Birgit hat mich dann gefragt, wie man eigentlich ein echtes Stück erkennt. In dem Fall erkennt man ein echtes Stück am Bugholz, also nicht schichtverleimt, an der Linsenkopfschraube (und eben keine Kreuzschlitzschraube). Man merkt es, wenn man mit den Händen drüber fährt – und natürlich gibt die Etikette “Thonet” den Ursprung preis und gilt als Qualitätszertifikat.

Der aus dem Historismus stammende gußeiserne Kleiderständer (wie im Cafe Sperl, nur dort sind sie schwarz) war einer meiner Lieblingsmodelle, weil es das wunderbare alte Wien repräsentiert. Diese Kleiderständer werden immer wieder neu aufgelegt, immer noch von der selben Firma und sind demnach keine Fälschungen. 

Dieses Stück, wie es da stand, wäre um die 1000 bis 1200 Euro wert.

Das “Monster” wie es Birgit mit einem Schmunzeln auf den Lippen nannte, welches sie an ein Filmset vom Mundl Sackbauer erinnerte war ein praktisch zusammenklappbarer 1970er Jahre Kleiderständer aus hellem Kunststoff. Diesen konnte man auf klein zusammenklappen  – selbst den Schirmständer.

Von der Wertigkeit her liegt dieser bei günstigen 400 Euro, in der typischen knallorangen 70er Pop Art Version steigt der Wert auf 600 bis 700. Was für ein Zeitkolorit!

Einige Zeit lang werden wir ja noch Mäntel brauchen, ergo bleibt die Garderobe integraler Bestandteil unseres (gesellschaftlichen) Lebens und auch in den warmen Monaten hält sie gerne Taschen, Hüte und Westen.

Dank an Paul den Kunstsammler!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Historische Reiseführer

 

Montag, 25.1.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Historische Reiseführer

Wenn der Wahnsinn vorbei ist,steht Urlaub machen ganz oben auf der Prioritätenliste aller Österreicher:innen, bis dahin bleibt es uns in historischen Reiseführern zu schmökern.

1793 erschien der erster Reiseführer für die Schweiz. Also im Grunde gibt es historische Reiseführer schon gefühlt ewig. 

Beginn der Reisetätigkeit um zu Reisen: Ab Mitte des 17. Jahrhunderts sind junge, wohlhabende Absolventen der Universitäten Oxford und Cambridge auf Reisen gegangen –  Reisen durch das Mittelmeer – Ziel dieser Expeditionen waren die Wurzeln der europäischen Kultur durch Kunst, Literatur und Archäologie zu entdecken. “Grand Tours”, wie sie genannt wurden, waren bald sowohl pädagogische als auch soziale Übergangsriten des Adels.

Für einen beliebigen Zeitraum von Monaten bis Jahren sind jene Touristen mit einer Kohorte von Reiseführern und Begleitern durch Länder wie Deutschland, die Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien, Ägypten und die Heiligen Länder gereist.

Großes Reisebudget und aristokratischen Verbindungen machen privilegierte Reisende. Ziel war es die Sprachkenntnisse zu perfektionieren, antike Ruinen zu besuchen, sich mit lokalen Künstlern und Händlern treffen, um Münzen, Skulpturen, Gemälde und Modelle zu sammeln.

Nach den Grand Tours für Adelige als Bildungsreisen folgten die wohlhabenden Bürger. Es begann auch der Urlaub im Ausland für die nicht adelige Gesellschaft. Dies waren ebenfalls Luxusreisen, mit dem Dampfer nach Ägypten oder mit dem Orientexpress nach Istanbul. Passend dazu das Gepäck – Schrankkoffer, Hutschachteln. Man wollte auf eigene Faust erkunden – nicht mit einer Reisegruppe oder einem Guide. Somit benötigte man selbst Literatur, Karten, Informationen. 

Ich hatte einen wunderbaren Baedeker mit, mit dem typischen roten Umschlag, aus 1883. Zur Zeit des Zars Alexander III, der Friedenszar und ein guter Freund von Kaiser Franz Josef, war es opportun nach Russland zu reisen. Da war auch schon ein kleiner Sprachführer dabei. Deutsch und Französisch waren die Hauptsprachen des Adels, der Diplomaten und des gehobenen Bürgertums aber fernab dieser Gesellschaftsschichten und vor allem am Land war es hilfreich ein paar Sätze auf Russisch sagen zu können. Wie heute ja auch.

Als Baedeker wird ein Reiseführer für Reiseziele im In- und Ausland bezeichnet und ist erstmals 1832 erschienen. Der Verlag wurde 1827 gegründet in Koblenz durch Karl Baedeker.

Dieser wurde im 19. Jahrhundert der Reiseführer schlechthin durch seine prägnante Sprache, genaue Reiseinformationen, großzügige Karten, und integrierte auch Sprachführer(die wichtigsten Phrasen zur Kommunikation). Dies war ein früher Beginn für fremdsprachige Ausgaben und somit weltweite Popularität. 

Dieser besondere Baedeker kommt auf ungefähr 500 Euro Wertigkeit. 

Etwas ganz Besonderes war auch die Publikation, die sämtliche Abschnitte der Donau von Wien nach Linz, Burg Kreuzenstein, Klosterneuburg, Dürnstein, Wachau dargestellt hat und ganz wichtig: auch welcher Heuriger, welche Lokale, Restaurants besucht werden sollten. Ein großes Reich war es damals noch – da waren die Touristen sehr vielfältiger Herkunft wie Galizien, Böhmen, Mähren – dies waren dann die Reisenden innerhalb der Österreischisch-Ungarischen Monarchie. 

Die Preisspanne, die ich heute mitgebracht hatte ging von 90 bis 8000 Euro.

Das teuerste und wertvollste Objekt mit Geschichte, das ich mitgebracht hatte, war eine wunderschön grafisch aufbereitete Publikation der Schiffsgesellschaft Österreichische Lloyd, über Dalmatien und Istrien, sämtliche Küstenabschnitte in Falttechnik, inklusive aller Inseln wie Hvar und Korcula Der Preis von 8000 Euro erklärt sich dadurch, dass diese Publikation im Handel nicht erhältlich war, und wahrscheinlich nur für die Kapitäne und Aktionäre bestimmt war.

Heutzutage haben die Reiseführer eher keine große Wertigkeit mehr, da sie in großer Auflage erschienen – außer es ändert sich geopolitisch etwas, dadurch bekommen sie dann eventuell einen Sonderstatus.

Historische Reiseführer sind somit eine gute Wertanlage, wie eine Aktie im Grunde. Haben die Großeltern eine schöne Bibliothek, dann muss man sie unbedingt nach solchen Schätzen durchforsten – nicht nur wegen der Wertigkeit, sondern vor allem weil es eine Reise in eine andere Welt und vor allem Zeit ist.

Dank gilt wie immer an unsere Leihgeber:innen – diesmal war es der wunderbare Erhard Löcker, vom Antiquariat in der Annagasse in 1010 Wien.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Strass

Montag, 17.1.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Strass – Die nächste verpasste Ballsaison

Da die Ballsaison auch heuer wieder ins Wasser fällt, ließen Birgit Fenderl und ich es im Studio2 (dank der wunderbaren Leihgabe von Katharina Husslein) glitzern. 

Birgit hat gleich am Anfang mein Outfit angesprochen, das ich aus Ermangelung an Möglichkeiten es auszuführen, da mein Lieblingsball, der Philharmonikerball und danach anschließend gleich der Techniker Cercle auch, der Pandemiezeit zum Opfer gefallen ist.

Aber was genau ist so besonders an diesem Ensemble – der Sultan von Brunei hatte das Jacket für einen mit mir befreundeten Pianisten für ein Privatkonzert anfertigen lassen, der dieses dann mir vererbte. Nur für ganz besondere Anlässe führe ich dieses Kleidungsstück aus, da es mir auf einer persönlichen Ebene viel bedeutet.  

Aber woher kommt dieser wunderbare Strassschmuck nun? Wir fangen bei der Geschichte an: Schon in der Antike, ab dem Moment wo man schleifen konnte, gab es schon Imitate von echten Stücken. Man denke nur an den Koh-i-Noor, der 108,93 karätige Diamant, der sich im Tower of London als Teil der britischen Kronjuwelen befindet. 

Strass beruht auf einem Eigennamen. Im Jahr 1730 in Paris hat Georg Friedrich Strass, der Namensgeber, Chemiker und Juwelier, seinen eigenen Betrieb aufgemacht. Dieser war spezialisiert auf die Herstellung von Imitationen. Strass beschäftigte sich zeitlebens mit der Imitation (in verschiedenen Farben) und war der erste der dies in großem Stil betrieb. Ab 1734 wurde Georg Friedrich Strass „Juwelier des Königs“ – am Hof Ludwigs des 15. Es herrschte ein unfassbar großer Bedarf an Schmuck. Es etablierte sich die Bezeichnung Pierre de strass (= Steine von Strass) und wurde zum Synonym für die Diamantimitationen.

Im Grunde ist Strass einfach Glas (Glas ist weicher als Brillanten), das mit Blei und Kieselsäure angereichert und mit Folie verspiegelt wird …oder heute wird der  Spiegel aufgedampft, damit der Stein einen Glitzereffekt wie Brillanten bekommen.

Strass ist auch typisch für Gablonzer (Bäumchen, Schmuck,…), auch hierzu habe ich schon einen Studio2 Sendungsbeitrag gemacht, hier nachzulesen.

Strass Christbaum, Aufsteller, handgefertigt, 6 cm Fotoquelle: https://www.gablonzer.at/de/strass-christbaum-aufsteller-6-cm.html

Mein Lieblingsstück und ältestes Teil war die um 1900 gefertigte vergoldete Haarspange.  Sie glitzert fantastisch, wenn man sie hin und her schwenkt. Die Wertigkeit liegt bei 300-400 Euro. Birgit Fenderl meinte dazu lachend “Wer weiß auf welchen Bällen das Stück unterwegs war…”.

Aus den 1950er Jahren hatte ich auch ein wunderbares Objekt mit Geschichte mit – ein Armband, das Coco Chanel geliebt hätte – der sogenannte Baguette Schliff (langgezogen) und Diamantschliff war darauf zu bewundern. Das Strass Armband ist ein sogenanntes Airflex, also Expander Band und passt sich der Größe des Handgelenks an.Die Wertigkeit liegt bei 400 Euro. 

Coco Chanel liebte Strass – aber nicht nur unechte Diamanten, auch unechte Perlen und Metalle, sie ließ sich von Bühne, Film, Revue & Varieté inspirieren. Ihre schlichten Kleiderentwürfe waren schon eine Aufforderung aufwendigen Schmuck zu tragen.

Fotoquelle: https://www.vogue.de/favicon.ico

Weiters hatte ich ein wunderbares Collier in der Sendung mit, im Art Deco Stil – Frankreich wie es leibt und lebt, mit einer Wertigkeit von 1400 Euro – wie man daran sieht kann auch unechter Schmuck sehr wertvoll sein, vor allem wegen der fantastischen Verarbeitung. Man kann es mit vollem Stolz tragen, wie ein Diamantcollier.

Strass in der Mode immer ein Thema auch heute noch, beliebt bei Popstars und Sternchen. Die Imitate wurden teilweise so täuschend echt, dass die Bezeichnung “Simili” eingeführt wurde – was so viel bedeutet wie “ähnlich”. Swarovski ist österreichweit wie international einer der bedeutendsten Player im Strass-Business.

Andere Manufakturen englischer Herkunft konnte man auf dem Zylinder bewundern. Die fantastischen Strass-Earcuffs hatten auf der Rückseite die Signatur der Manufaktur Trifari und liegen bei 850 Euro Wertigkeit. Die Schmuckfirma wurde 1910 von Gustavo Trifari, Sohn von neapolitanischen Einwanderern in den Vereinigten Staaten gegründet. Nicht das Material ist so wertvoll, sondern das Design, der Entwurf und die Verarbeitung machen diese Objekte zu wertvollen Schmuckstücken.

Wichtige Manufakturen:

Napier (älteste seit 1875)

Coro (1902)

Trifari (~1917)

Eisenberg

Miriam Haskell

Elsa Schiaparelli

Joseff of Hollywood

Hattie Carnegie

Schreiner

Nettie Rosenstein

Barclay

Jomaz

Max Müller

Strass kann auch bunt sein, wenn verschiedenen Metallsalze beigefügt werden. Diese haben dann so ein eigenes Schillern in Regenbogenfarben – die bunten Strass Ohrringe, die ich als letztes Objekt präsentierte, würden wunderbar zu Birgits Augen passen – aber wir müssen noch ein wenig Geduld haben, bis wir uns wie Pfauen schmücken und unsere Runden auf dem Parkett drehen können.

Vielen Dank an die großartige Leihgeberin Katharina Husslein. Vintage-Modeschmuck aus den 1950er- und 1960er-Jahren, Art-déco-Moccalöffel oder Eiswürfelbehälter: Katharina Husslein beherbergt echte Schätze in ihrem kleinen Geschäft in der Josefstädter Straße 11, 1080 Wien.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Geschenke

Montag, 10.1.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Die “falschen” Geschenke

Geschenke, Geschenke – jetzt war gerade erst Weihnachten, die Hochblüte des Schenkens – aber was macht man, wenn die Freude über das Geschenk ausbleibt?

Sehr oft überlegt man zu wenig, versetzt sich nicht in den Beschenkten hinein und erfüllt nur seine Pflicht. Das ist nicht nur ein Generationsproblem, sondern sehr oft der Fantasielosigkeit des Schenkers/der Schenkerin geschuldet.  Oft wären diese “falschen” Geschenke bei der/dem Richtigen viel besser aufgehoben – denn die Wertigkeit beginnt bei der Wertschätzung! 

Natürlich ging es in der Sendung nicht um Dinge wie die Vignette für den Nicht-Autofahrer oder das Tranchiermesser für den/die Veganer/in – sondern Birgit Fenderl und ich haben uns die Frage gestellt was man macht, wenn man einen Walter Bosse Handaschenbecher bekommt, aber Nichtraucher ist. Über Bosse haben wir ja schon einmal in einer Studio2 Sendung gesprochen (zum Nachlesen hier) und somit wissen wir von der Wertigkeit der Objekt des legendären Keramiker und Vordenkers der 1920/30er Jahre. Der Beschenkte weiß aber vielleicht auch gar nicht wie wertvoll das geschenkte Stück nun wirklich ist. Nun hatten wir die Idee, dass man das Objekt zweckentfremden könnte und beispielsweise besondere Kleinigkeiten in den Aschenbecher, statt Asche und Zigarettenstummel, geben könnte.

Ein “shabby chic” Stuhl aus circa 1928-30 aus der Werkbundsiedlung aus dem 13. Bezirk macht vielleicht auf den ersten Blick für das ungeschulte Auge nicht so viel her, aber:  er ist echt, authentisch, man hat damit eindeutig Mut zum Original und darüber hinaus liegen wir hier bei einer Wertigkeit von um die 1000 Euro. Das perfekte Geschenk für einen Vintage Liebhaber.

Krawattentragen ist nicht so mein Ding, wie alle wissen, die mich kennen – mein Großvater war immer mein großes Vorbild in Sachen Eleganz, aber ich habe mich immer schon als Teenager gefragt, wie ich es ein Leben lang schaffen werde, keine Krawatte tragen zu müssen. Nun habe ich aber diese wunderschöne Vintage Versace Krawatte, die um die 300 Euro wert ist, geschenkt bekommen. Ich finde aber sicher einen Krawatten Fan, der sich über dieses “falsche” Geschenk richtig freuen wird.

Die Häferl sind, wenn auch nicht auf den ersten Blick ersichtlich, wirklich wertvoll – natürlich, jemand der puristisch unterwegs ist, kann damit nichts anfangen. Aber jemand vom Fach oder jemand der auf Objekte mit Geschichte steht, wird daran Gefallen finden. Die Tassen sind von der Keramik Ditmar Urbach aus Tschechien aus den 1930er Jahren, mit einer Wertigkeit von circa 100 Euro pro Tasse, am Flohmarkt gibt es eine große Nachfrage nach diesen Stücken.

Ich bin ja ein bekennender Bakelit Schenker – die Angebetete hätte vielleicht gerne lieber einen Brillanten gehabt, aber der Armreifen aus Bakelit, der eine Geschichte hat, beispielsweise in einem speziellen Fall aus Paris kommend, strahlte einfach mehr Faszination aus.

Wem schenkt man heute noch einen Buchständer von Hagenauer (auch hierzu machten wir schon einmal einen Sendungsbeitrag, hier nachzulesen), wenn die meisten Personen nur noch E-Books lesen – die Buchstützen sind um die 1500 Euro wert, aus dem Jahr 1928 und deshalb auch mit dem Motiv der Mickey Mouse, weil diese damals von Walt Disney herausgebracht wurde.

Das letzte besprochene “falsche” Geschenk war eine Flasche Cognac aus 1924. Birgit hat mich dann gefragt, ob dieser überhaupt noch genießbar wäre. Auch wenn nicht das optimale Geschenk für einen Antialkoholiker ist dies ein wahrer Schatz für einen Genießer von Hochprozentigem. Und durch die Hochprozentigkeit auch sicherlich noch trinkbar und ein Gaumenspiel.  Bezüglich Wert liegen wir da auch bei guten 600 bis 800 Euro, denn auch hier kann man als Kontext geschichtliche Ereignisse heranziehen: 1924, als dieser Cognac rausgekommen ist, war 12 Jahre nachdem die Titanic gesunken ist oder 6 Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs.

Und die Moral von der Geschicht’, vergiss’ den Geschmack des Beschenkten beim Beschenken nicht.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Dinner for One

Freitag, 24.12.2021, ab 20:15 Uhr, Weihnachten daheim mit dem Studio2 Team//ORF

Thema diesmal: Fischbesteck

Die Weihnachtssendung mit dem Studio2 Team wurde schon am 18.12.2021 aufgenommen, damit alle “Weihnachten daheim” verbringen können, so auch der Titel der Sendung. Aufgebaut für die Sendung hatten wir einen Weihnachtstisch für eine Person… „Dinner for One“ – zum traditionellen Fischessen.

Gedeckt auf einem runden Tisch, den es als Esstisch erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab, als sich die Gesellschaft in Richtung Gleichberechtigung bewegte und den Patriarchen am „Vorsitz“ ablöste. Am „Runden“ sind alle gleichberechtigt und können entspannt ihre Meinung äußern.

Mitgebracht hatte ich für mehrere Gänge die nötigen Requisiten für das traditionelle Fischessen am Weihnachtsabend:

Fischteller

Besteck

Sardinenheber

Zahnstocherhalter

Zitronenscheibenpresse

Hummergabel

Messerbänkchen

Grätenteller

U.v.a.

Alles hat sich in der Zeit zwischen 1850 und 1950 bewegt – als sich die Gesellschaft in Richtung Moderne entwickelte und kurz bevor die Lust am Tischdecken begann verloren zu gehen…aber gehen wir nun in medias res was ich alles im Detail mit in der Sendung hatte:

Den Anfang machte eine Tischvase aus 1940 in Fischform innen drinnen mit dem so genannten Bauernsilber (Silbernitrat wird zwischen zwei Glasschichten plaausgestattet, der Kerzenständer war aus der Maria Theresien Zeit, so lange hat dieses Stück schon “überlebt”. Der kleine Silberteller, der am Tellerrand angebracht wurde – der rein für die Gräten bestimmt war – die Gräten, die vorher mit Fischpinzette oder umgangssprachlich dem Gräten”ziager” aus dem Fisch gezogen wurden. Aber ich wollte natürlich auch etwas über die dazugehörigen Gläser erzählen – hier begann ich bei dem Reinweinglas, aus Uranglas, der den etwas trüben Weißwein prächtiger grün erscheinen lässt, weiters ein Lobmeyr Bierglas, das wunderbare Alphaglas zum Wassertrinken und eines für den richtig guten Weißwein

Weitere Objekte mit Geschichte war zum Beispiel der Menüständer vom Cobenzl, dem Restaurant Cobenzl, stand auch oben drauf, circa um 1900. Dies gehört ja zum gut gedeckten Tisch dazu, zumindest im Restaurant. Auf die Messerbänkchen (auch hierzu hatte ich schon einmal eine Beitrag gemacht im Studio2, hier zum Nachlesen) darf nur das gebrauchte Messer, vorher ist es ein NO GO.

Ein Grapefruitstecher, in Form eines Löffels, wo man in das Fleisch hinein sticht und sich im Löffelkörper der Saft sammelt, den man dann über den Fisch träufelt. Mit dem nächsten “Instrument” konnte man den Krabbenfuß greifen. Einfach ein wunderbares Gedeck für ein mehrgängiges Menü.

Dann ging es weiter zum Serviettenring – meine Großmutter hat immer gesagt, dass die Stoffserviette etwas ganz Besonderes ist – vor allem in Zeiten der unbedingten Nachhaltigkeit grandios, weil qualitativ hochwertig und kein Wegwerfprodukt. 

Wir haben in der Sendung diese wunderbare weihnachtliche Tradition wiederbelebt und gefeiert!

Vielen Dank an die Leihgeberin Annette Ahrens und ihre Tafelkultur.

Ein kurzer Mitschnitt der Anfangssequenz um ein Gefühl für das magisch weihnachtliche Ambiente zu bekommen. Ein Blick in die heile Welt, ein wenig NORMALZEIT, nach jener wir uns so sehr sehnen.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Brettspiele &Co.

Montag, 20.12.2021, ab 17:30, Studio2//ORF

Thema diesmal: Historische Brettspiele & andere Spiele

Heute hatte ich die Ehre mit Verena über den historischen Kontext von Brett- und anderen Spielen zu sprechen. Nehmen wir uns doch mehr Zeit uns zusammen zu setzen und ein Spiel zu spielen, gerade jetzt um Weihnachten haben wir mehr Zeit dazu. Mein Jüngster wird ja in Kürze vier – da drängt sich fast schon das legendäre Kartenspiel “Schwarzer Peter” auf.

Doch zuerst zum Würfel – dem “Urding” der Spiele. Archäologische Funde belegen, dass das Spielen mit Würfeln seit 5000 Jahren bekannt ist – es zählt zu den ältesten Gesellschaftsspielen und dies in unterschiedlichen Kulturen. Man denke nur an die Darstellung der Kreuzigung Jesu, wo die Soldaten um das Gewand Jesu würfeln. 

Würfel haben sich im Erscheinungsbild nicht verändert – früher aus Materialien wie Halbedelsteinen, Elfenbein, Horn, Marmor. Ich hab aus dem antiken Rom einen Würfel mitgebracht, nicht wie heute sechseckig ist, eben aus Marmor, wo selbst die kleinen Augen gestaltet waren. 

Ein weiterer römischer Spielstein, den ich mit in der Sendung hatte, in hell und in dunkel, war auch um die 2000 Jahre alt. 

Etwas ganz wunderbar Außergewöhnliches war ein Würfelautomat, aus dem 19. Jahrhundert, aus der Spätbiedermeierzeit, da konnte man eindeutig nicht schummeln – Augenzahl 7 hatte ich gewürfelt, unsere Glückszahl!

Ein weiterer Würfelautomat war aus den Materialien und einem frühzeitlichen Kunststoff, mit einem kleinen Hand-Dynamo ausgestattet.

Aus Bein ein Kreisl, das Drahdiwaberl, ach wie herrlich liebe Leser:innen, im Jiddischen gibt es so etwas Ähnliches, den so genannten “Dreidel” – darf natürlich in keiner Familie fehlen – dieser Dreidel war aus reinem Silber (um 1900) – ein tolles Stück, da sind wir gleich mal bei 400 – 500 Euro, wenn man den jetzt  im Kunsthandel kaufen würde.

Als nächstes zeigte ich ein Geschicklichkeitsspiel mit Mickey Mouse um 1930 (als Walt Disney sie erfunden hatte) wo man die Kugeln in die Löcher manövrieren musste, wie auch beim ClownSpiel, das daneben stand.

Aus England hatte ich den “Wig Wag” mit in der Sendung, wo man durch das Wackeln die Pillen in die Löcher zu “wigglen” versucht. Die Wertigkeit liegt da gleich bei 300 – 400 Euro.

Manchmal sind die kleinsten Spiele die wertvollsten – nur 2 bekannte Spiele weltweit, von Anker gemacht, eine Charity Geschichte um 1917, wo man die hungernde Bevölkerung unterstützt hat – ein Geschicklichkeitsspiel mit Bedienungsanleitung/-handbuch in Gold Schwarz den Monarchie Farben, den Ritter oder die Initialen des Kaisers konnte man nachstellen – vierstelliger Betrag in Bezug auf die Wertigkeit. Beschreibung, Verpackung in der Optik komplett, Seltenheitswert und guter Zustand mit Original in beginnender Art Deco Form.

Kartenspiele kommen aus Korea, China, aus dem 12. Jahrhundert – erst ab dem Mittelalter hat man bei uns Karten gespielt. Kartenspiele wurden ja früher mit dem Teufel in Verbindung gebracht. In Europa kennt man sie seit dem Ende des 14. Jahrhunderts – zunächst in Italien und Frankreich. Seit dem 17. Jahrhundert entwickelten sich Spiele wie Whist, Bridge, später Canasta und Rommé. 

Ein letzter kleiner Exkurs am Rande – die meisten von uns haben “Queen’s Gambit” gesehen und haben einen Einblick in die Welt des Schachspiels bekommen. Schachspiel. Dessen Entstehung ist leider nicht restlos geklärt, eindeutig belegt ist dass es seit dem 6. Jh. in Persien existiert. 

Dann ist leider die Zeit zu knapp geworden und besondere Highlights wie das Biene Maja Spiel aus den 1920er Jahren, ebenso wie das Winterpuzzle aus dem 19. Jahrhundert und das wunderbare Solitaire mit den Elfenbeinsteckern und einige andere konnte ich nicht mehr vorstellen. Maybe another time…

Mein allerliebstes Lieblingsspiel ist natürlich das Tarockieren – darüber gab es auch schon mal einen Sendungsbeitrag, hier zum Nachlesen.

Und nun zu guter Letzt: vielen Dank an den Leihgeber Dipl. Ing. Michael Wurdak!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Darling, ich bin im Kino

Montag, 13.12.2021, ab 17:30, Studio2//ORF

Thema diesmal: Kinoprogrammhefte

Endlich hat (fast) alles wieder nach dem dreiwöchigen harten Lockdown aufgesperrt. Die Gastro muss noch ein wenig warten, allerdings die Kinos durften ihre Tore schon wieder öffnen. Heutzutage findet man alles was man über einen Film wissen will online – um 1910 bis zum Höhepunkt in den 1980/90er Jahren (es gibt sie aber auch heute noch nur sind sie nicht mehr so populär wie damals) gab es jedoch das Programmheft, dass die Kinobesucher:innen über Besetzung und Inhalt des Filmes informierte. Zu Beginn der Sendung habe ich Norbert Oberhauser auf eine Zeitreise mitgenommen und ihm eine Kinokarte aus dem ehemaligen Flotten Kino geschenkt – eine absolute Rarität. Damals habe ich die gesamte Einrichtung gekauft und darunter fanden sich eben solche besonderen Gustostückerln. Mein erstes Kinoticket hat 17 Österreichische Schilling gekostet. Daran erinnere ich mich noch. Mit wem ich damals im Kino war,  bleibt aber mein Geheimnis. Norbert und ich konnten uns beide noch an die Haptik der alten Kinokarten erinnern, ein Gefühl, das die junge Generation in dem Sinne nicht mehr kennt.

Eine kurze Filmgeschichte: Los ging es 1906 mit “Die Geschichte der Kelly Bande”, dies war der erste Film, der in Melbourne lief, in USA 1907 der Monumentalfilm Ben Hur, ab 1910 kamen dann auch die ersten Programmhefte für die Stummfilme – ganze 17.000 Stück an der Zahl. Unfassbar aber wahr: 34.000 Filme in Österreich und dazu die dazugehörenden Programmhefte. 

Und nun zu der Geschichte der Programmhefte: 1919 ging es los mit dem Film-Kurier in Deutschland. In Österreich gab es “Das Programm von Heute”.  Automatisch gab es von nun an ein Programmheft zu jedem erschienenen Film. Ich hatte das “Programm von Heute” in der Sendung mit – ein Heft über den Film “13 Stühle”, einer meiner Lieblingsfilme mit Heinz Rühmann und Hans Moser.

Ein wahres Fundstück auch das Programmheft von “Sodom und Gomorrha” aus 1922 ,  ein Film von Michael Kertesz, der dann später als Michael Curtiz in Hollywood “Casablanca” auf die Leinwand zauberte. 

Ab 1933 gab es in Deutschland durch die Nationalsozialisten keine US- amerikanischen Filme mehr zu sehen, somit kamen die Deutschen nach Österreich als Kulturtouristen, um hier die amerikanischen Filme im Kino anzusehen. Die Freude währte nicht allzu lange, da wir alle wissen was danach passierte. 1938 war auch in Österreich Schluss mit den amerikanischen Großproduktionen. 

Für die Sammler:innen ist das Programmheft aus 1924 “Glöckner von Notre Dame” – in gutem Zustand 200 bis 500 Euro wert – natürlich sehr interessant. Das meist aufgelegteste Programm “Die Maskerade” war hingegen völlig uninteressant, weil es eine zu große Auflage hatte. Kleine Auflage zur Zeit der russischen Besatzung hatten die Programmhefte der russischen “Blockbuste”, die sich natürlich keiner (außer der Besatzungsmacht) angeschaut hat – umso spannender für heutige Sammler:innen, da eine Rarität.

Das “Die schwarze Katze” Programmheft ist unter Sammmler:innen so besonders beliebt, weil der Film zensiert wurde und dann auch nicht mehr gezeigt wurde, weil er einfach viel zu grauslich war – heute würde dieser Schrecken natürlich “keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken”, um es nostalgisch zu formulieren. 

Das absolute Highlight in der Sendung war natürlich das “Psycho” Programmheft von Hitchcock, das nur mehr als Teaser fungierte und nur ein paar wenige Fotos aber keine Information über die Besetzung oder den Inhalt des Filmes offenbarte – auf der letzten Seite ein großes “PSST!” und ein Abbild des cineastischen Meisters. Eindrucksvolle Gestaltung, muss man schon sagen.

Abonnenten bekommen noch Programmhefte heutzutage, wie z.B. zum letzten James Bond “Keine Zeit zu Sterben” – allerdings ist das Programmheft in seiner alten Glanz und Glorie nicht mehr zu haben. Die Tatsache, dass eben alles online abrufbar ist, hat es zu einem gewissen Maße obsolet gemacht. Auch wenn ein Zelebrieren des historischen Zeitzeugnisses ein absoluter Genuss ist.

Letzter Tango in Paris (einst ein Skandalfilm, heute ein Kunstfilm), Winnetou, wunderbare Fotowand, Stan und Oli, Cleopatra, Emil und die Detektive Programmhefte hatte ich auf meiner tollen “Fotowand” hinter mir hängen und schön drapiert auf dem Tisch vor mir liegend – um nur einige der mitgebrachten Stücke zu nennen. Das österreichische Filmarchiv, zusammengestellt durch einen Sammler, hat ein gebundenes Buch, eine kompakte Geschichte dieser wunderbaren Programmhefte zusammengestellt – ein Leitfaden für Sammler:innen und eine Exkursion in ein spannendes Thema für Interessierte.

Ein kurzer Abriss dieser wunderbaren Kulturgeschichte….ein vorweihnachtlicher Kultur-Aperitivo sozusagen – seid gespannt was beim nächsten Mal im Countdown vor Weihnachten noch kommt… 

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Und zu guter Letzt, herzlichen Dank an Herbert Fellner für die Leihgabe.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Murano

Montag, 06.12.2021, ab 17:30, Studio2//ORF

Thema diesmal: Muranoglas

Als Intro meinte Norbert Oberhauser, dass jeder der einmal in Venedig war,  sicherlich ein Murano Glasobjekt, wenn auch ein kleines, als Souvenir mitgebracht hat. 

Kurzer Abriss zum Ursprung der Glasherstellung bevor wir zum aktuellen Thema kommen: Im zweiten Jahrtausend vor Christus entwickelte sich die Glasproduktion unabhängig voneinander im griechischen Mykene, in Ägypten, in China und in Nordtirol. Vermutungen legen nahe, dass Glas zufällig beim Brennen der Töpferwaren entstand.

Aber nun zu einem meiner Lieblingsthemen: Muranoglas.

Venedig gilt als Zentrum der europäischen Glasherstellung. Der Ursprung liegt im Jahr 1000 nach Christus. Seefahrer Venedigs exportierten feinste Seide, wohlriechende Gewürze und bemerkenswerterweise: sie brachten die Kunst der Glasherstellung nach Venedig. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Glasproduktion zu einem profitablen Wirtschaftszweig.

Ab dem 13. Jahrhundert wurde die Produktion auf die Insel Murano verlegt, die damals nur ein Fischerdorf war, wegen der erhöhten Brandgefahr war die Glasproduktion in Venedig untersagt und sämtliche Familienbetriebe mussten umsiedeln. Dort waren sie auch besser geschützt vor Betriebsspionage…

Die Crux an der Sache war: den Glasmachern war es untersagt die Insel jemals zu verlassen. Es galt die Todesstrafe bei Zuwiderhandeln. Da meinte Norbert natürlich gleich: “Vorsicht bei der Berufswahl!”

Leider konnte ich das nicht mehr in meinem Beitrag im Studio2 erwähnen, darum nun hier: In der Renaissance Zeit gab es ein Libro d’Oro – ein goldenes Buch von Murano, in dem die wichtigsten glasproduzierenden Familien gelistet sind. Dies hing natürlich mit viel Prestige und Privilegien zusammen.

Auch heute noch sind es hauptsächlich Familienbetriebe auf der Insel – 80% der Inselbewohner sind im Glasgewerbe, natürlich ausschließlich Handarbeit.

Jeder der nach Venedig fährt, sollte unbedingt zur Insel Murano fahren – auch mit Kindern ein wahnsinnig tolles Erlebnis, die spannenden Glasblas-Studios mit leuchtenden Kinderaugen zu erleben ist etwas ganz besonderes. Auch man selbst wird bezaubert von diesem magischen Ambiente. In den Geschäften in Venedig selbst, das Klimbims ist leider mittlerweile aus China und nicht aus Murano. 

(Interessantes Faktum am Rande: Murano wurde erst 1923 Teil von Venedig) 

Aber, ich wollte in der Sendung den Fokus auf die Erzeugnisse der berühmten Familien Muranos legen und diese vorstellen. Das erste Objekt, über das ich sprach, war ein wunderbarer Luster von Angelo Barovier, der sich später mit der Familie Toso zusammengetan hat. Barovier hat als Erster 1450 die Herstellung des kristallklaren transparenten Glas „cristallo“ (ersetzte Waldglas in grüner Färbung)vorangetrieben, welches ein heiß begehrtes Exportgut wurde. Barovier ist älteste Firma (seit 1295), die eben, wie schon erwähnt, sich später mit Ferro Toso zu Barovier & Toso zusammengeschlossen hat. Moscheen und Königshäuser wurden mit ihren Erzeugnissen ausgestattet. Ein kleiner Luster wie jener, den ich in der Sendung mit hatte, liegt bei einer Wertigkeit von ungefähr 800 Euro.

Danach fiel der Fokus, von Norbert geleitet auf ein ganz spezielles Glaskunstobjekt. Hergestellt von Berengo, der Manufaktur, die ausschließlich mit Künstler:innen zusammenarbeitet. Jene war von Robert Zeppel-Sperl, der leider vor 2 Jahren verstorben ist. 

Das Glasobjekt, das ich in der Sendung mit hatte, liegt bei einer Wertigkeit von 5000 – 6000 Euro.

Berengo ist vor allem mit den „Venetian Heads“ von der Künstlerin Kigi Kogelnik berühmt geworden. Diese entstanden zwischen 1994 und 1996 als Projekt der Galerie Walker in Kooperation mit der Werkstätte. Diese sind heute von 50.000  bis 70.000 Euro wert. Ich habe ja schon einmal eine Sendung zu Kiki Kogelnik gemacht. Hier nachzulesen.

Weiter ging es mit einem wunderschönen mundgeblasenen Fadenglas von Paolo Venini (seit 1921, mit Dependance in Paris), auch berühmt für das Pulegoso Glas (mit tausenden Luftblasen eingeschlossen). Das vorgestellte Glasobjekt basierte auf dem  Fazzoletto Entwurf Fulvio Bianconi aus 1949 und simulierte einen vom vom Wind zerzausten Rock, wenn man das Glas auf den Kopf stellt. Fazzoletto heißt ja Taschentuch übersetzt, somit ein Taschentuch, als Schale fungierend und mit diesem speziellen Faden-Dekor (siehe Screenshots der Sendung) kommt man auf ungefähr ein Wertigkeit von € 1.000 in dieser Größe.

Man munkelt, dass die berühmte Marilyn Monroe Szene, wo der Rock nach oben geblasen wird, weil sie auf einem U-Bahnschacht steht, davon inspiriert wurde (Film von Billy Wilder – The Seven Year Itch/Das verflixte 7. Jahr auf Deutsch).

Nun ist uns aber die Zeit davongerannt und ich musste leider ein wenig Gas geben. Das Krokodil Glasobjekt war von Cesare Sent – dieser ist ein noch aktiver Glaskünstler in Murano und hat sein Handwerk von beiden Großvätern gelernt. Er fertigt hauptsächlich Tierskulpturen (inspiriert von der Lagune) und Schmuck, aber auch Spiegel, Lampen und Vasen. Dieses besondere Objekt zeigt auf der Unterseite die Vielschichtigkeit des Lagunenwassers (siehe auch Screenshot). Dieses Unikat liegt bei einer Wertigkeit von € 2.500.

Angespornt von der mangelnden Zeit habe ich noch kurz die Mosaiksteinetafel in den verschiedenen Farben, die Schautafel hergezeigt. Die gefertigten Mosaiksteine wurden für die Apsisdekorationen in Kirchen verwendet, beziehungsweise für die gesamte Auskleidung der San Marco Kirche in Venedig. 

Und ganz zum Schluss konnte ich noch über die Millefiori (=Tausend Blumen) Schale sprechen. Das sind einzelne Glasstäbe die mittig eine Blume eingearbeitet haben, von diesen werden kleine Stücke runtergebrochen, mit der Seite nach oben gelegt in Form, dann gebrannt – so entsteht zb. diese Schale, die bei einer Wertigkeit von € 450 liegt.

Und dann war es TIME TO SAY CI VEDIAMO E A PRESTO. Nächste Woche geht es ja schon wieder weiter mit einem spannenden Thema. Stay tuned!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Schuhe

Montag, 22.11.2021, ab 17:30, Studio2//ORF

Thema diesmal: Legendäre Schuhe

“Gib’ einem Mädchen Schuhe und es kann die ganze Welt erobern!” meinte schon Marylin Monroe. Norbert meinte, dass Frauen nie genug Schuhe haben können, ich denke aber, dass dies für Männer auch zu einem gewissen Maß gilt – oder gelten sollte.

Diesmal ging es eben um legendäres Schuhwerk, das es natürlich gibt solange es die Menschheit gibt. Schuhe, die Menschen erheben waren im antiken griechischen Theater schon ein Must und mussten die Persönlichkeiten größer wirken lassen, um die Dramatik zu unterstreichen.

Im 15. Jahrhundert gab es in Venedig die Zoccoli, die Holzschuhe, die aus einem Stück Holz gefertigt und so auf dem Fuß gehalten wurden – auch um dem Aqua Alta, dem Hochwasser mit trockenen Füßen, im wahrsten Sinne des Wortes, entgehen zu können. 

Auch in London im 16. Jahrhundert wurden von hochgeborenen Kurtisanen die sogenannten “Pattens” getragen und im 18. Jahrhundert generell um den Dreck in den Straßen nicht auf der Kleidung zu haben. Wir sprechen jetzt von den ersten Plateauschuhen.

Von den gleichen praktischen Ursprüngen sind japanische Geta. Es kann auch eine Verbindung zu den Buskins des antiken Roms geben, die häufig sehr dicke Sohlen hatten, um dem Träger zusätzliche Höhe zu verleihen.

Apropos Plateau, Faschingszeit ist nun seit dem 11.11., das Tanzen in den Morgen oder auch nur am Abend, je nach Lockdown Home Setting, trotzdem möglich und gewollt um die Stimmung zu heben. Vielleicht finden sich auf dem Dachboden, im Keller oder dem Abstellkammerl noch ein paar solcher Treter.

John Travolta in Saturday Night Fever hat sie getragen, David Bowie und Prince waren Fans vom legendären Plateauschuh, so wie auch ABBA wo Plateau natürlich von beiden Geschlechtern getragen wurde.

Schon in den 1930er Jahren hat der jüdischer Auswanderer in die USA Moshe, dann Morris Kimel für Marlene Dietrich die ersten Plateauschuhe gemacht. Kimel floh aus Berlin, ließ sich 1939 mit seiner Familie in den Vereinigten Staaten nieder und eröffnete die Kimel-Schuhfabrik in Los Angeles. Das Design wurde bald bei der Elite von Beverly Hills sehr beliebt. 1938 war The Rainbow eine Plateau-Sandale, die vom berühmten Schuhdesigner Salvatore Ferragamo entworfen wurde. „The Rainbow“ (eine Hommage an Judy Garlands Signature-Song „Over the Rainbow“, der 1939 im Wizard of Oz aufgeführt wurde) wurde kreiert und war die erste Instanz des Plateauschuhs, die in der Neuzeit im Westen zurückkehrte. Die Plateau-Sandale wurde für Judy Garland, eine US-amerikanische Sängerin, Schauspielerin entworfen. 

In den End-1960er Jahren kam dann der modische Durchbruch. Je nach aktueller Schuhmode sind Plateauschuhe mehr oder weniger beliebt. In den 1970er Jahren waren sie bei beiden Geschlechtern in Europa weit verbreitet. Heute werden sie von Frauen bevorzugt. 

Ich selbst hatte orangene Sneakers an, die ich noch vor ein paart Tagen bevor alles wieder zugegangen ist, mir in Holland auf einer Messe gekauft hatte. Die Schuhe wurden von Keith Haring für Reebok entworfen und auf einem Schuh mit seiner typischen Bildsprache versehen. Cool ist, dass die beiden Schuhe aus 1986 unterschiedlich customized wurden von Keith Haring. Durch mein Tragen haben sie natürlich “instant” an Wert verloren (von einem Ursprungswert von circa Euro 400 ausgegangen). 

Alles was noch eingeschweißt ist, kommt bei Sammlern einfach besser an- auch z.B. Dukatengoldmünzen oder Swatch Uhren – denn ab dem Moment wo man sie auspackt, sind sie weniger wert.

Schuhe, die jetzt ein absolutes NO GO sind, weil aus Krokoleder (um 1920), hatte ich auch in diesem wunderbaren Sammelsurium mit.

Herrliche Schuhe aus den 2000er Jahren von meiner Partnerin (die von diesem Auftritt ihrer zeitgeschichtlich wertvollen Schuhe nichts wusste), Hochzeitsschuhe und ein Schuhlöffel signiert von Manolo Blahnik, für alle Sex and the City Fans ein absolutes MUST, ob Carrie Bradshaw ihn nun hat oder nicht. Aber ich würde ihn selbst für Euro 500 nicht hergeben, mein Souvenir aus NYC.

Spanische belederte Schuhe hatte ich auch mit, anders als die typischen Plateau-Plastikschuhe der 2000er Jahre. Stiefel in Schlangenleder, so eingefärbt, das man sie nicht als solches erkennen würde, waren auch mit dabei und haben bei Norbert beinahe eine Schlangenphobieattacke ausgelöst.

Dass wir mal vor allem über Frauenschuhe plaudern, hätte Norbert Oberhauser auch nie gedacht.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Spardosen

Montag, 09.11.2021, ab 17:30, Studio2//ORF

Thema diesmal: Sparschweine & Co.

Gestern war es wieder ein amüsanter Vorabend im Studio2 mit dem wunderbaren Norbert Oberhauser!

Wie sein Opa immer schon gesagt hatte „Spare beizeiten, dann hast Du in der Not!“.

Ich hab einen kurzer Abriss der Geschichte des Sparens und der Spardose/des Sparbehälters (es gibt ganz unterschiedliche Aufbewahrungsmöglichkeiten) dargeboten.

BREAKING NEWS in der LIVE Sendung: Was ich Kurioses bei einer Verlassenschaftsbegehung gefunden habe, werdet ihr nicht glauben…eine kleine nostalgische Zeitreise in Großelternzeiten. Trommelwirbel…ich habe einen Sparstrumpf gefunden – mit 22 goldenen Philharmonikern. Und wo war dieser versteckt?  In nichts Geringerem als dem Wäschekasten. Der absolute Sparklassiker, wenn man niemandem außer sich selbst und der eigenen Wäsche vertraut. 

Norbert hat mich dann gefragt, wann denn das Sparen überhaupt begonnen hat. Also schauen wir uns das kurz geschichtlich an. Bereits vor 5000 Jahren horteten Mensch ihre Münzen in Sammelbehältern aus Ton. Spardosen aus unterschiedlichen Materialien in unzähligen Formen, Farben und handwerklichen Qualitäten wurden damals schon hergestellt. 

Also, die Spardosen, die in Museen zu finden sind, kommen aus der Türkei und sind aus Ton – die man ohne großen Schaden zerschlagen konnte – die ersten Zeitzeugen sozusagen.

Aus den Tongefäßen sind immer kreativere Behältnisse geworden. Die Schönheit und Vielfältigkeit der Motive und Materialien – zum Beispiel das Kaisersemmerl, das Hufeisen (gleichzeitig auch Glücksbringer) – der apportierende Hund mit Schloss- (wenn man das aufmacht, kann man den Kopf nach hinten öffnen und Geld einwerfen). 

Für so ein kleines Schloss einer historischen Spardose kann man als Sammler schon mit 100 Euro rechnen, da die Nachfrage groß ist, weil der Schlüssel zum Schloss etwas ist, das “gerne” verloren wurde.

Aber die typischste Spardose ist ja das Sparschwein. Aber warum gerade ein Schwein? Das Schwein ist ein Fruchtbarkeitssymbol und eine Sau war immer schon zum Schlachten da und man hat darauf gehofft, dass sich das Geld vermehrt, wenn man das Sparschwein mit Münzen mästet.

Das wertvollste Stück, dass ich mithatte war aus der Spätbiedermeierzeit, Silber wunderbar punziert, mit einem speziellen Schloss zum Aufklappen.

Weitere spannende Stücke waren das Max und Moritz Spardosenpaar, ein Dose war aus Elfenbein, ein typisch englisches Sparbehältnis mit einem grinsenden Mann, der sich, wenn man ihn umdreht in eine unzufriedene Frau verwandelt. Was wohl bedeutet hat, dass man nicht genug Münzen eingeworfen hatte – typisch englischer Humor. Weiters hab ich auch einen Indianerkopf mitgehabt – heutzutage nicht mehr politisch und kulturell korrekt, aber auch ein Zeitzeugenstück. 

Nun ganz wichtig – ich möchte noch das hartnäckige Gerücht entkräften, dass alle Spardosen einen Schlitz haben – ich hatte einen Spar-Kürbis mit, der keinen Schlitz,  sondern ein Loch hatte. Wir alle kennen die Geschichte der Hyperinflation in der Zwischenkriegszeit in Österreich und wir wissen, dass die Leute sind mit der Schubkarre einkaufen gefahren sind um ein Laib Brot zu kaufen. Dies erklärt die Form dieser Spardose, da es damals keine Münzen gab, sondern nur noch Scheine.

Die Wertigkeit lag bei den einfachen Sparbüchsen von 50 Euro bis zur Jockey Spardose um 300 Euro und zur Silber Spardose um 600 Euro. Es gibt auch mechanische Spardosen, die schon mal 5.000 bis sogar 10.000 Euro wert sind, da sie eine absolute Seltenheit darstellen. Norbert meinte dann spaßhalber, dass dann die Spardose mehr wert wäre als ihr Inhalt. 

So oder so, eine kleine Geldanlage ist die Spardose allemal.

Norbert hat noch geschaut, ob ich Erspartes vergessen habe, in den Sparbehältern, leider musste ich ihn mit einem Augenzwinkern enttäuschen. 

(verfasst am 9.11.2021)