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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Laissez-faire am Pool

 

Montag, 11.07.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Poolmöbel mit Geschichte

Die nächste Hitzewelle steht schon in den Startlöchern und bringt uns wieder heißes Schwimmwetter – was darf dabei auf keinen Fall fehlen? Natürlich die richtige Ausstattung rund um den Pool! Und was gibt es Besseres als Möbel mit Geschichte am kühlen Nass…

“Ein Schaf, zwei Schafe, man könnte schon so ein bisschen dahinbüseln, wenn die Sommersonne untergeht in diesen großartigen Möbelstücken, die uns Experte Christof Stein mitgebracht hat” meinte Norbert Oberhauser als Einstieg in meinen Sendungsbeitrag (im vorhergehenden Beitrag ging es um Merino Schafe).

Er saß wahrlich auf einem der raren Designstücke aus Ostdeutschland, aus der DDR, um 1965, von Peter Ghyscy. Man kann diese Stücke auch wunderbar zuklappen, damit sie im Freien stehen bleiben können. Sie verfügen sogar über ein Reservoir das Wasser sammelt und ein kleines Loch, wo es dann wieder abgegeben wird. Ein wirklich cleveres Design!

Geschmuggelt wurden sie zur Zeit der Ost West Trennung, denn jeder im Westen wollte dieses coole Design Pool-Ei haben. Damals umgerechnet von DM würden sie heute auf eine Wertigkeit von 3000 bis 4000 Euro kommen, allerdings wurden sie dann so populär, dass sie neuaufgelegt wurden und die Preise für Originale heute bei ungefähr 1200 Euro liegen.

Diese Möbel mit Geschichte sind einfach wunderbar bunte Accessoires, die rund um Pool oder Badeteich stehen können.

Doch wie lange gibt es nun schon Pools?

In der Stadt Mohenjo-Daro (im heutigen Pakistan) wurden bei Ausgrabungen in den 1920er Jahren Schwimmbecken gefunden und an deren Maßen erkannte man, dass diese nicht der Körperreinigung, sondern entweder rituellen Zwecken oder dem Badevergnügen dienten. Auch im alten Ägypten und im antiken Rom gehörte Schwimmen zum guten Ton. Bei den Griechen galt sogar als ungebildet, wer weder lesen noch schwimmen konnte. Dennoch spielten Schwimmbecken später, vor allem während des „dunklen“ Mittelalters, keine Rolle mehr: Das Badevergnügen galt als verwerflich, denn Badehäuser galten als Plätze für Orgien oder sexuelle Dienste. Öffentliche Badeanstalten wurden deshalb ausschließlich für die Körperpflege errichtet.

Bei uns kam dann die Poolkultur während dem Wirtschaftswunder in den 1950/60er Jahren so richtig ins Laufen, da gab es dann private Pools, die liebevoll ausgestattet wurden.

Das nächste Poolmöbelstück war dann ein Liegestuhl im Rimini Riviera Style, den man um ein paar Lire in Italien am Strand ausborgen konnte. Schade, heute ist alles nur noch aus Kunststoff gemacht, damals war es ein Holzsessel mit Segeltuchstoff. Das war noch Urlaub, wo das Sonnenöl zum olfaktorischen Erlebnis beitrug.

Die Holzliege, die ich mitgenommen hatte, war aus Hartholz nicht mehr Teak, weil es durch das Tropenholz Schutzabkommen nahezu keines mehr gibt, es ist aber auf Teak gebeizt und kann ewig draußen stehen, weil wetterresistent.

Ich saß Norbert gegenüber auf einem Stapelsessel aus den 2000er Jahren – kein besonderes Designerstück, aber ein robustes Funktionsmöbel, das es in verschiedenen Farben gibt.

Das skulpturale, einem Kunstwerk anmutende Sitzmöbel neben mir fand Norbert nicht sehr ansprechend in Hinsicht auf Bequemlichkeit. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es viele neue Materialien, wie beispielsweise Plexiglas oder eben in diesem Fall Eternit (woraus man eben auch Pools macht/e). Das Design stammt von Willie Guhl aus den 1950er Jahren und gehört wie die Pastillen zu den 1000 bedeutendsten Sesseln der Designgeschichte und kann im Vitra Museum in Weil am Rhein bestaunt werden. Im Original bei Auktion kommen diese Stücke auf 4000 Euro, aber nur wenn aus den 1950ern stammt.  In Neuauflage kosten diese “Kunstobjekte” nur noch ein paar hundert Euro.

Dann hat mich Norbert lachend gefragt, ob ich den Spaghetti Liegestuhl seiner Tante aus dem Garten gestohlen hätte, den er hätte viele Fotos aus der Kindheit auf diesen typisch italienischen Gartenstühlen und Liegen (siehe dazu meinen Beitrag über Gartenstühle)

In so einem Möbel mit Geschichte kann man wunderbar Zeitung lassen und sich zurücklehnen – dieses besondere Stück war sogar mit kleinem Stoßdämpfern aus Gartenschlauchteilen bestückt. Unzählige Dinge gibt es, die mit Pool und Schwimmen zu tun haben. Schwimmreifen der berühmten, leider gesunkenen Andrea Doria bringen einige tausend Euro bei Memorial Auctions.

Alles was ich mitgebracht habe sieht man teilweise im Museum aber natürlich noch viel wichtiger ist, dass es benützbare Funktionsmöbel sind – um den Sommer zu einem absoluten Genuss zu machen.

Beendet haben wir den Sendungsbeitrag mit “Jetzt gehen wir schwimmen!”, sehnsüchtig auf den Badeteich schauend. (Leider haben die Temperaturen nicht wirklich mitgespielt und waren eher frühherbstlich).

Und zum Schluss noch ein paar stimmige Videos zum Poolthema:

Der Klassiker:

La Piscine mit Alain Delon und Romy Schneider

Und zum Finale etwas zum Lachen:

Der Partyschreck mit Peter Sellers

 

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Kinosessel

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Kinosessel

Montag, 20.06.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Historische Kino- und Theatersessel

Heute war es ganz einfach “chillig” im Studio2, denn dank den sommerlichen Temperaturen habe ich à la Roger Rabbit auf der Gartenterrasse auf der 3er Bank “geknotzt” und habe Martin über Möbeln mit besonderer Geschichte erzählt. Das besprochene Möbelstück, auf dem ich gesessen bin, stammte aus einem ländlichen Kino aus der Zeit als dieses Gebiet amerikanischer Sektor en war, nach dem Zweiten Weltkrieg. Die, in dem ländlichen Raum stationierten, Amerikaner haben sich damals ein amerikanisches Kino eingerichtet und nach dem Abzug 1955 dann alles dagelassen.

Martin saß auf einer Thonet Zweierbank aus circa 1900, das älteste Modell, das ich mithatte – diese war ähnlich der Musikvereinbestuhlung, aus Bugholz, typisch Thonet mit Wiener Flechtung. Bei der Wertigkeit sind diese Möbel unter 700 Euro nicht zu haben.

Damals war Thonet so etwas wie der Weltmarktführer am Theater- und Kinosesselmarkt. Diese Art von Möbel wurde zum „Fabriksrenner“ der Firma Thonet, um die damaligen 400 Kinosäle in den Kronländern ausreichend zu bespielen. Davon waren etwa die Hälfte Wanderkinos, und von den 200 festen Kinos befanden sich mehr als die Hälfte in Wien.

Martin warf ein, dass man die typische Wiener Flechtung ja auch von den Kaffeehausstühlen kennt. Was vielleicht wenige wissen – bevor es die platzsparenden klappbaren Bänke und Sessel gab, wurden 14er Thonet Sessel aufgestellt, und zwar in den Vorläufern der Kinos, den Schaubuden auf Jahrmärkten, den so genannte Panoptiken (Präsentation optischer Täuschungen, dreidimensionale Fotos durch Stereoskope). Thomas Alva Edison und William Kennedy Laurie Dickson entwickelten dann das Kinetoskop (Schaukasten – 1 Person konnte kurzen Film betrachten).

Später wurde dann umgedacht und das Klappsesseldesign setzte sich durch, um so viele Besucher:innen wie möglich unterbringen zu können.

Martin hat dann auf die Zweier-, Dreierbestuhlung hingewiesen und mich gefragt, wieso denn das so wäre. Nun, es waren ja eigentlich lange Reihen, aber um es praktikabler zu machen, teilte man die langen Reihen nach zwei oder drei Sitzflächen mit dem Verlust eines Sitzes, gewann aber dadurch immer Außensteher. Paul Kozak, ein Freund und Kollege der ersten Stunde war einer der Ersten, der in den 1990er Jahren Kinosesseln zu Wohnmöbeln umfunktioniert hat und sie somit “salonfähig” gemacht wurden. Er war auch derjenige, der mich auf das Schäfer Kino aufmerksam gemacht hat. Dieses war drauf und dran zu schließen und somit war die Bestuhlung zu haben. So eine Zweier- oder Dreierbank ist natürlich ein perfektes und praktisches Möbelstück für den Vorraum um bequem Schuhe an- und ausziehen zu können.

Mehr zu Geschichte könnt ihr hier nachlesen.

Rechtzeitig zum Sommerkinostart mit seinen wunderbaren Freiluftbühnen, fand ich es spannend einen Abriss zur Geschichte der bewegten Bilder und dessen Sitzmobiliar, welches mittlerweile fester Bestandteil der Einrichtungskultur ist, darzulegen.

Martin meinte dann die Ronacher Theatersessel würde ihn an seinen Zahnarzt an den Warteraum erinnern. Als Kollektiv lichterloh waren wir damals sehr stark spezialisiert auf Kinosesseln und haben diese über den Flohmarkt verkauft. Am Naschmarkt Flohmarkt hat mich dann jemand angesprochen, ob ich daran interessiert wäre, die gesamte Ronacher Bestuhlung zu kaufen. Unfassbare 1800 Sitzplätze in langen Reihen standen aufgebaut zu einer Pyramide in einer Halle. Der Antikkeller, Bric a Brac und wir als lichterloh gemeinsam mit der Glasfabrik (welche ein integraler Partner in Hinblick auch auf die Lagerung war) haben uns dann an dieses Projekt herangewagt. Ein gemeinsames Auslagensystem war elementar. Jeder präsentierte die neu erstandenen Ronacher Sesseln im Schaufenster oder in den Auslagen seines Geschäftslokals – die Breitenwirkung war somit enorm.  Die Echtheitszertifikate wurden uns von der damaligen Geschäftsleitung, dem Kommerzialrat Franz Häusler und dem Intendanten der Vereinigten Bühnen Wiens Rudi Klausnitzer ausgestellt.

Eine deutsche Illustrierte ist dann auf uns aufmerksam geworden so á la “die Österreicher haben noch so eine alte herrliche Theater- und Kinobestuhlung” und das mitten im aufkommenden Vintage Trend was unser Projekt weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und begehrt gemacht hat. Nicht nur Mozartkugeln oder Sachertorte konnte man nun bestellen, sondern auch Theatersessel mit Wiener Provenienz. Um die 500-700 Euro sind die Einzelsitze heute wert.

 

Meine mitgebrachte Kino- und Theaterbestuhlung aus Institutionen wie dem Ronacher, dem Haus der Industrie, dem ehemaligen Schäfer Kino sind gerade für Einrichtungsstarter eine spannende Geschichte und gibt ihnen die Möglichkeit diesen Möbeln mit Geschichte ein zweites Leben einzuhauchen.

Definitiv kann man so dem Wohnbereich mehr Individualität verleihen! Vielen Dank an dieser Stelle an Paul!