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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Naturmaterialien

Montag, 14.10.2024, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Möbel und Einrichtungen aus Rattan, Weiden, Bambus und Bast

 

Das Motto zur Sendung:

Der Ästhet – Christian Morgenstern

Wenn ich sitze, will ich nicht

Sitzen, wie mein Sitz-Fleisch möchte,

sondern wie mein Sitz-Geist sich,

säße er, den Stuhl sich flöchte.

Der jedoch bedarf nicht viel,

schätzt am Stuhl allein den Stil,

überläßt den Zweck des Möbels

ohne Grimm der Gier des Pöbels.

 

 

“Das ist ganz nach meinem Geschmack! Heute geht es um Korbmöbel. Du machst mir aber jetzt ein bisschen Angst mit dem Teppichklopfer, den hat meine Oma auch gehabt!”, meinte Norbert als Intro in meinen Sendungsbeitrag.

“Aber meine Großmutter hatte den auch!” kam von mir als Antwort.

“Hatten wir dieselbe Oma,wir zwei?”, dazu Norbert – und schallendes Gelächter.

Aber nun ganz ernst – Korbmöbel sind wieder “en vogue” und haben eine lange und spannende Geschichte zu erzählen.

Die ersten Handwerker waren Korbflechter. Angefangen hat es mit Behältnissen, alles Mögliche wurde transportiert, wie beispielsweise Getreidekörner.Archäologen entdeckten im Nahen Osten Reste eines Korbes, der mit der Wulsttechnik gefertigt wurde und etwa 10.000

Jahre alt ist. Bereits vor rund 9.000 Jahren waren geflochtene Körbe in der Siedlung Çatalhöyük, die mehrere tausend Bewohner hatte, weit verbreitet. Schon im antiken Ägypten kannte man die Technik des „Korbflechtens“, also Flechten von Truhen, Tischen, Sitzgelegenheiten usw. In den Pyramiden gab es sogar Basthocker.

Im Jahr 1857 wurden in einer Höhle in Südspanien Grabbeigaben in Form von Körben gefunden, die etwa 5.000 Jahre alt sind. In neolithischen Pfahlbausiedlungen am Neuenburgersee bei Auvernier entdeckte man ebenfalls Weidenkörbe. Auch die Kelten in Mitteleuropa waren mit dieser uralten Handwerkskunst vertraut.

Ab 1850 entstanden durch Cyrus Wakefield erste kunstvoll gestaltete Möbel, die in England, Amerika aber auch bei uns immer populärer wurden.

Künstlermöbel zu den diversen Stilepochen begannen zu boomen und erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit.

Alles, das sich über Wasserdampf biegen lässt, also Rattan, Weidenzweige, Stroh, Bambus, Gräser  – wird für die Korbmöbel und Einrichtungen verwendet – alles natürlich Naturprodukte.

Norbert ist am Anfang meines Sendungsbeitrags in einem Sessel in der Art des LC2 oder 3 von Le Corbusier gesessen, ein Entwurf der später in den 1930er Jahren aus Stahlrohr und Leder verwirklicht wurde – in jeder Architektenbehausung kann so ein Stück als ästhetisch ansprechender Klassiker Platz haben.

Der zweite Stuhl, den ich präsentierte, hatte etwas Organisches und ist der teuerste Stuhl aus dem Sortiment, designt von Tom Dixon. Kurzer Exkurs zu diesem wichtigen und spannenden Designer, der 1959 in Tunesien geboren wurde, aber mit seiner Familie im Alter von vier Jahren nach Großbritannien zog. Als unkonventioneller Denker in der Designwelt begann er seine Karriere auf ungewöhnliche Weise: Nach dem Abbruch seines Kunststudiums organisierte er Partys und spielte als Bassist in der Band „Funkapolitan“. Mit 25 Jahren entdeckte Dixon das Schweißen und fertigte Möbel und Skulpturen aus gefundenen Materialien an. Zunächst schuf er seine Werke für Clubs, später wurden sie auch in Galerien ausgestellt. Dieses Modell erzielt bei Auktionshäusern bis zu 3500 Euro. Norbert genoss das angenehme Schwingen des Sessels.

Das nächste Möbel war zum Hängen aus Bambus. Hierzu erwähnte ich, dass ich mich für die Sendung ausschließlich auf Möbel und nicht auf Objekte und anderes fokussiert hatte – die Bandbreite der Möglichkeiten mit diesen Naturmaterialien zu arbeiten, ist um einiges weiter und beschränkt sich nicht auf Einrichtung. Bei den Flugzeug Doppeldeckern beispielsweise – da wurden die ersten Flügel aus Rattan gebaut und darüber ein Segeltuch gespannt, nicht viele Leute sind sich dessen bewusst. Oder die Ausstattung des Zeppelins musste vom Gewicht her natürlich reduziert sein- da boten sich Rattan Möbel förmlich an.

Danach blieb Norberts Blick an dem Korbflaschenbehältnis aus geschälter Weide hängen, der einen Chianti beherbergte – die Flasche war aber leider schon leer, es wurde schon gefeiert, stellten wir lachend fest.

Zuerst ist Norbert mein Panama Hut aber gleich darauf der Stetson Style Cowboy Hut ins Auge gestochen, der ihn sogleich an Crocodile Dundee erinnerte. Mit einem Krokodil mussten wir in der Sendung dann aber doch nicht kämpfen.

Zurück zur Technik und zur Wertigkeit – es geht bei den Korbmöbeln um die Verarbeitung, wenn man sich das im Detail bei dem – ich nenne ihn jetzt mal lapidar Emmanuelle Stuhl, er nennt sich aber Peacock oder auch Pfauen Rattan Sessel – ansieht, das ist einfach eine brillante Handarbeit, das muss man können. Ich lernte einmal einen solchen Handwerker kennen, der leider schon verstorben ist. Dieser beherrschte die Kunst des Flechten, selbst Techniken aus der Barockzeit. Diese Art der Kunst ist leider schon ausgestorben, da sie von Generation zu Generation mündlich weitergetragen wurde.

Apropos Emmanuelle – der erste Aufklärungsfilm aus unserer Jugend, Mitte der 1970er Jahre. Die Schauspielerin Sylvia Kristel ist auf so einem Modell gesessen, in derselben Lackierung.

Bei diesem Peacock Sessel sieht man noch Techniken, die einfach sensationell sind  – wunderbare Doppel- und Dreifachflechtungen. Wenn man sich die Sitzfläche ansieht, erinnert sie an das berühmte Wiener Geflecht wie bei den Thonet Kaffeehaussesseln. In Bezug auf die Wertigkeit – man kann dieses Modell nachgebaut kaufen,um circa 500 Euro, die Originale sind dann schon um die 3000 Euro wert.

Diese Möbelstücke werden oft auf den Philippinen gefertigt – über eine Million Menschen sind in der Korbflechterei engagiert und dies ist eine jahrhundertlange Tradition.

Wenn man die Qualität von Nachlassfunden selbst nicht einschätzen kann, einfach an einen Experten wenden.

Und zum Abschluss waren Norbert und ich d’accord: “Schön, dass die Korbmöbel nicht aus der Mode kommen und jetzt lass uns schauen, ob es noch eine zweite Chianti Flasche gibt”.

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Historische Weinflaschen und Utensilien

Montag, 14.11.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Eines der ältesten Kulturgüter – Wein

 

„Es wird ein Wein sein – und wir werden nimmer sein…!“. Wein zählt zu den ältesten Kulturgütern der Menschheit. Hans Moser als Reblaus wäre begeistert gewesen von der heutigen Sendung. 

Martin Ferdiny meinte auch gleich zu Beginn: “Ich tue jetzt sehr gerne meinen Dienst angesichts dieser Kostbarkeiten, die uns Christof Stein mitgebracht hat. Salvador Dalí hat gesagt: “Wein trinkt man nicht, man kostet Geheimnisse und einige dieser Geheimnisse wollen wir jetzt lüften!” Was für ein Intro!

“Wie hat es sich zu diesem Kulturgut entwickelt?” fragte mich Martin. Also, allem voran: Wein und der Genuss dessen haben immer etwas mit Gemeinsamkeit, Brüderlichkeit und natürlich auch Schwesterlichkeit zu tun – es gibt Weinbruderschaften und Weinkonvente, längst ist Wein allerdings keine Männerdomäne mehr, auch nicht im Anbau. Hier dazu mehr. 

Aber zum Geschichtlichen: Im Nahen Osten lässt sich der Anbau von Wein bereits für das dritte vorchristliche Jahrhundert nachweisen. In der Bibel wird vom Weinbau bereits unmittelbar nach der großen Flut berichtet. 

Sprachhistorisch: arabisch wayn / althochdeutsch win / lateinisch vinum – und bedeutet: vergorener Saft aus Beeren der edlen Weinrebe.

Wein hat mindestens 8,5 Volumenprozent Alkohol. Verschiedene biochemische Abläufe führen dazu, dass manche Weine jahrzehntelang reifen und haltbar sind.

Die häufigsten Weine sind Rot, Weiß, Rosé, Schaumweine (wie Champagner, Sekt, Spumante, Perlwein,….), so wie Likörweine (wie Marsala, Sherry, Portwein,…).

Bekannt sind uns und allen Zusehr:innen die Götter Osiris in Ägypten, Dionysos in Griechenland, so wie auch Bacchus aus der römischen Mythologie. Dionysos ist der Gott des Weines, der Freude, der Trauben, der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase, was ja eigentlich schon alles sagt.  Odysseus hat den Zyklopen geblendet beziehungsweise berauscht mit Wein und dadurch besiegt. Wasser wird zu Wein, kennen wir aus dem Christentum (Kurz dazu: Die Hochzeit zu Kana ist eine Wundererzählung aus der Bibel, die davon berichtet, wie Jesus von Nazareth als Gast einer Hochzeitsfeier Wasser in Wein verwandelt).

Leider gehört Österreich nicht zu den Top 5 Weinproduzenten der Welt sondern Italien, Frankreich, Spanien, USA und Argentinien, wobei die ersten drei genannten Länder mehr als die Hälfte des Weinweltanteils produzieren.

Kurz zu Österreich: Mit einer Fläche von ungefähr 50.000 Hektar, auf dem ungefähr 66 % Weißwein und circa 34 % Rotwein angebaut werden, hat das Land einen Jahresdurchschnitt, hinsichtlich Produktion, von 2,3 Millionen Hektoliter Wein. 

Neben all den Weinsammler:innen,die nach Jahrgängen oder Regionen sammeln, gibt es natürlich auch alles Mögliche rundherum, welches das Sammlerherz höher schlagen lässt.

Mitgebracht hatte ich einen Querschnitt spannender Objekte mit Geschichte – schöne Jugendstil Gläser um 1900 für Weißwein, mein privates Verkosterglas typisch für den französischen Landwein (Rotwein), wunderschön geätzt (darauf sieht man Sonne und Mond), circa um 1800, ergo das älteste Stück, das ich in der Sendung präsentierte.  Typisch für Skandinavien sind olivgrüne Weißweinbecher, die definitiv nicht für Rotwein gedacht sind, weil der Wein dann optisch braun verfärbt wirkt (und dann unappetitlich ist, meinte Martin).

Typische Gläser für den Grünen Veltliner (Riedle Glas)hatte ich auch in der Sendung mit. 

Ein spannendes Stück ist der Laura Ashley Entwurf, ein Weinglas aus den 1980er Jahren.

Wenn man nun an das Öffnen der begehrten Weinflaschen denkt: etwas Typisches für die Jagd, ein Öffner mit Hirschgeweih oder so wie mein privater Flaschenöffner aus Messing mit speziellem Patent, hatten ihre rühmlichen Momente in der Studio2 Sendung.

Zum Verschließen des köstlichen Weingutes gibt es natürlich historische Korken aus Murano, aus Porzellan (oft mit Ausgießer durch die Nase) und der gehämmerte Messingkorken aus den 1950er Jahren, der aussah wie die vietnamesischen Kappen der Reisbauern.

Meine Favoriten sind die Weinkühler – einer davon ist ultraleicht und wiegt gerade mal 100 Gramm, also 10 dag – die Leichtgewichte wurden speziell für die Zeppeline hergestellt, da konnte man sich kein unnötiges Gewicht leisten. Dieser spezielle Weinkühler war natürlich aus der ersten Klasse. “Ein Wein zum Abheben” sozusagen, witzelte Martin. 

Der Weinkühler aus der letzten Jahrhundertwende bietet Platz für vier  Weinflaschen. Naturgemäß für Weißweine, allerdings hatte ich aus Dekorationsgründen meinen ältesten Rotwein (aus 1953) darin stehen.

Wenn wir schon über Etiketten sprechen, gibt es fanatische Etikettensammler:innen. Es gibt nämlich Etiketten, die auch bis zu 3000 Euro erzielen können, sozusagen die Blaue Mauritius der Weinwelt.

In Nachlässen finden sich manchmal versteckte und eventuell unerkannte Besonderheiten und Schätze. Wenn die Nachkommen diese nicht wollen, komme ich manchmal in den Genuss der Geheimnisse des Weinkellers. Dann mache ich es wie der Bockerer und reiß’ beim Tarockieren eine Flasche auf, egal was sie möglicherweise wert ist – wir genießen sie dann in trauter Gemeinsamkeit.

Kurios: Es gibt eine App namens “Vivino“, die einem sagt, was der Wein wert ist.   Dafür muss man einfach nur das Flaschenetikett abfotografieren. Dann schlägt die App sogar das passende Essen oder den nächsten Weinhändler vor. Grandios, oder – was denkt ihr?

Und nun noch die letzten schönen Tage in den Wiener Weinbergen genießen und sich mit heurigem Wein für die kalten Tage beim Ab Hof Verkauf eindecken! 

 

Danke an den Leihgeber Paul Kozak für die Weinrequisiten.