Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Strass
Montag, 17.1.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF
Thema diesmal: Strass – Die nächste verpasste Ballsaison
Da die Ballsaison auch heuer wieder ins Wasser fällt, ließen Birgit Fenderl und ich es im Studio2 (dank der wunderbaren Leihgabe von Katharina Husslein) glitzern.
Birgit hat gleich am Anfang mein Outfit angesprochen, das ich aus Ermangelung an Möglichkeiten es auszuführen, da mein Lieblingsball, der Philharmonikerball und danach anschließend gleich der Techniker Cercle auch, der Pandemiezeit zum Opfer gefallen ist.
Aber was genau ist so besonders an diesem Ensemble – der Sultan von Brunei hatte das Jacket für einen mit mir befreundeten Pianisten für ein Privatkonzert anfertigen lassen, der dieses dann mir vererbte. Nur für ganz besondere Anlässe führe ich dieses Kleidungsstück aus, da es mir auf einer persönlichen Ebene viel bedeutet.
Aber woher kommt dieser wunderbare Strassschmuck nun? Wir fangen bei der Geschichte an: Schon in der Antike, ab dem Moment wo man schleifen konnte, gab es schon Imitate von echten Stücken. Man denke nur an den Koh-i-Noor, der 108,93 karätige Diamant, der sich im Tower of London als Teil der britischen Kronjuwelen befindet.
Strass beruht auf einem Eigennamen. Im Jahr 1730 in Paris hat Georg Friedrich Strass, der Namensgeber, Chemiker und Juwelier, seinen eigenen Betrieb aufgemacht. Dieser war spezialisiert auf die Herstellung von Imitationen. Strass beschäftigte sich zeitlebens mit der Imitation (in verschiedenen Farben) und war der erste der dies in großem Stil betrieb. Ab 1734 wurde Georg Friedrich Strass „Juwelier des Königs“ – am Hof Ludwigs des 15. Es herrschte ein unfassbar großer Bedarf an Schmuck. Es etablierte sich die Bezeichnung Pierre de strass (= Steine von Strass) und wurde zum Synonym für die Diamantimitationen.
Im Grunde ist Strass einfach Glas (Glas ist weicher als Brillanten), das mit Blei und Kieselsäure angereichert und mit Folie verspiegelt wird …oder heute wird der Spiegel aufgedampft, damit der Stein einen Glitzereffekt wie Brillanten bekommen.
Strass ist auch typisch für Gablonzer (Bäumchen, Schmuck,…), auch hierzu habe ich schon einen Studio2 Sendungsbeitrag gemacht, hier nachzulesen.
Mein Lieblingsstück und ältestes Teil war die um 1900 gefertigte vergoldete Haarspange. Sie glitzert fantastisch, wenn man sie hin und her schwenkt. Die Wertigkeit liegt bei 300-400 Euro. Birgit Fenderl meinte dazu lachend “Wer weiß auf welchen Bällen das Stück unterwegs war…”.
Aus den 1950er Jahren hatte ich auch ein wunderbares Objekt mit Geschichte mit – ein Armband, das Coco Chanel geliebt hätte – der sogenannte Baguette Schliff (langgezogen) und Diamantschliff war darauf zu bewundern. Das Strass Armband ist ein sogenanntes Airflex, also Expander Band und passt sich der Größe des Handgelenks an.Die Wertigkeit liegt bei 400 Euro.
Coco Chanel liebte Strass – aber nicht nur unechte Diamanten, auch unechte Perlen und Metalle, sie ließ sich von Bühne, Film, Revue & Varieté inspirieren. Ihre schlichten Kleiderentwürfe waren schon eine Aufforderung aufwendigen Schmuck zu tragen.
Weiters hatte ich ein wunderbares Collier in der Sendung mit, im Art Deco Stil – Frankreich wie es leibt und lebt, mit einer Wertigkeit von 1400 Euro – wie man daran sieht kann auch unechter Schmuck sehr wertvoll sein, vor allem wegen der fantastischen Verarbeitung. Man kann es mit vollem Stolz tragen, wie ein Diamantcollier.
Strass in der Mode immer ein Thema auch heute noch, beliebt bei Popstars und Sternchen. Die Imitate wurden teilweise so täuschend echt, dass die Bezeichnung “Simili” eingeführt wurde – was so viel bedeutet wie “ähnlich”. Swarovski ist österreichweit wie international einer der bedeutendsten Player im Strass-Business.
Andere Manufakturen englischer Herkunft konnte man auf dem Zylinder bewundern. Die fantastischen Strass-Earcuffs hatten auf der Rückseite die Signatur der Manufaktur Trifari und liegen bei 850 Euro Wertigkeit. Die Schmuckfirma wurde 1910 von Gustavo Trifari, Sohn von neapolitanischen Einwanderern in den Vereinigten Staaten gegründet. Nicht das Material ist so wertvoll, sondern das Design, der Entwurf und die Verarbeitung machen diese Objekte zu wertvollen Schmuckstücken.
Wichtige Manufakturen:
Napier (älteste seit 1875)
Coro (1902)
Trifari (~1917)
Eisenberg
Miriam Haskell
Elsa Schiaparelli
Joseff of Hollywood
Hattie Carnegie
Schreiner
Nettie Rosenstein
Barclay
Jomaz
Max Müller
Strass kann auch bunt sein, wenn verschiedenen Metallsalze beigefügt werden. Diese haben dann so ein eigenes Schillern in Regenbogenfarben – die bunten Strass Ohrringe, die ich als letztes Objekt präsentierte, würden wunderbar zu Birgits Augen passen – aber wir müssen noch ein wenig Geduld haben, bis wir uns wie Pfauen schmücken und unsere Runden auf dem Parkett drehen können.
Vielen Dank an die großartige Leihgeberin Katharina Husslein. Vintage-Modeschmuck aus den 1950er- und 1960er-Jahren, Art-déco-Moccalöffel oder Eiswürfelbehälter: Katharina Husslein beherbergt echte Schätze in ihrem kleinen Geschäft in der Josefstädter Straße 11, 1080 Wien.