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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Vivienne Westwood

Montag, 28.11.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Vintage und Second Hand

Ich habe diesmal das Studio2 Set zu einem kleinen Vintage-Laden umfunktioniert und von meiner Südfrankreich Reise erzählt. Drei bis vier Mal im Jahr mache ich solche Einkaufstouren, um den Kopf freizumachen, auf der Jagd nach Möbel und Objekten mit Geschichte – und diesmal bin ich über einige spannende Vintage Kleidungsstücke gestolpert.

Also, es war so, ich stehe in einem Second Hand Geschäft für Allerlei Altwaren und finde dort tatsächlich ungetragene Kleidungsstücke von keiner Geringeren als der Modeikone Vivienne Westwood – in der Sendung hatte ich diese besondere Kombi, wo das Gelee gleich im Jacket inkludiert war, an, und auch den Mantel und die herrliche Fischerhose mit, präsentiert auf Vintage Schaufensterpuppen. So ein Outfit fördert einfach herrlich den Individualismus. Hier könnt ihr euch ein Bild davon machen.

Die Grande Dame der Mode, die ja leider vor einem Jahr verstorben ist, war eng mit Österreich verbunden. Von 1989 bis 2005 unterrichtete sie die sogenannte Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst in Wien.  Dort lernte sie den Studenten Andreas Kronthaler kennen und heiratete ihn 1992.

Eine großartige Menschenrecht- und Umweltaktivistin war sie auch darüber hinaus. Die Modedesignerin Westwood hat schon bevor es “en vogue” war zu einem nachhaltigeren Modekonsum aufgerufen: “Kauft weniger, sucht es sorgfältig aus, lasst es beständig sein” und “Was gut für die Erde ist, ist gut für die Wirtschaft”, waren die Credos der Ikone.

Wieviel Kleidung muss wirklich neu gekauft sein oder sollte nicht Vintage Fashion mehrere Chancen bekommen und somit die Umwelt geschont werden?

Eines meiner mitgebrachten Lieblingsstücke war, von der nicht mehr existenten, Marke Fred Adlmüller, die Kleider waren immer mit einem Etikett mit dem wunderschönen Schriftzug versehen. Ohne Adlmüller war die Opernball Eröffnung undenkbar. Fred Adlmüller leitete die Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst von 1973 bis 1979, 10 Jahre vor Vivienne Westwood. Seine Damenmode, die unter anderem von in- und ausländischen weiblichen Stars getragen wurde, wird als Haute Couture in femininem klassischen Stil beschrieben, er zeichnete sich aber auch für die Staatsfräcke der Bundespräsidenten der Zweiten Republik verantwortlich. In den 1950er Jahren kreierte er das Parfum “Eau de Vienne”.

Natürlich gibt es Sammler:innen für Vintage Stücke, welche die Prominenz getragen hat, wie beispielsweise eine bestimmte Jacke von Elvis Presley oder eine sensationell ausgefallene Krawatte von Elton John oder Sissis (Kaiserin Elisabeths) Handschuhe aus einer bestimmten Zeit.

Aus meinem Geburtsjahr hatte ich eine Skijacke mit, welche Teil der Ausstattung der österreichischen Damen Nationalmannschaft 1964 bei der Olympiade in Innsbruck war – diese kann man nirgendwo kaufen, sondern nur am Second Hand Markt erstehen, wenn man Glück hat. Da sind wir bei einem Wert von knapp 1000 Euro.

Zum Wert von Vintage Kleidung generell ist zu sagen: Die Kleider können gelebt sein, beispielsweise aus dem 1970er Kolorit im Style der ABBA Waterloo Song Contest Outfits oder 1980er Versace Style, aber auch simple Stücke mit weniger pompösen Begleiterscheinungen haben es vor allem der Jugend heutzutage angetan.

Arbeitsbedingungen und zu einem fairen Lohn produziert, wobei kein Tier zu Leid käme und die Umwelt weder durch die Herstellung noch durch die später entstandenen Produkte zu Schaden käme, wären das Optimum. Da dies leider noch nicht der Fall ist, ist es mein Appell sich mehrfach zu überlegen, ob man ein neues Kleidungsstück á la Massenware kauft, sich ein Vintage Stück holt oder eventuell in eine nachhaltige Marke investiert (meist kleine, feine aber doch teure Labels).

Die traurigen Hard Facts hierzu: Jährlich werden weltweit 150 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt. 150 Milliarden! Die Textilindustrie verursacht über 10% der weltweiten CO2-Emissionen. Mehr als 50% aller Textilfasern bestehen aus Polyester – Polyester besteht aus Öl. Nur 1% der gesamten Baumwolle wird biologisch angebaut – und zu guter Letzt: ein T-Shirt benötigt für seine Produktion ungefähr 1.400 Liter Wasser. Unfassbar, oder?

Der Textilsektor war im Jahr 2020 die drittgrößte Quelle für Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch. In diesem Jahr wurden im Durchschnitt neun Kubikmeter Wasser, 400 Quadratmeter Land und 391 Kilogramm Rohstoffe benötigt, um Kleidung und Schuhe für jeden EU-Bürger herzustellen. Wer glaubt, Containerschiffe seien eine klimafreundliche Transportalternative, der liegt falsch. Täglich stoßen die Hochseeschiffe tonnenweise Schadstoffe aus und verschmutzen unsere Luft schwer.

Aber die gute Nachrichten: Überall schießen (auch leistbare) Vintage Läden wie Schwammerl aus dem Boden und wie vorher schon erwähnt sind vor allem gerade die jungen Leute total fasziniert davon, sei es aus Modeaspekten oder weil die Nachhaltigkeit und das Umweltbewusstsein im Vordergrund stehen. Klar ist, es fördert den Individualismus und gibt den Menschen abseits des Mainstream Shoppings eine persönliche Note.

MUST SEE: Es läuft eine großartige Ausstellung im MAK zu dem Thema namens CRITICAL CONSUMPTION. Es sollte noch viel mehr in diese Richtung geschehen.

Zum Abschluss noch zwei Buchtipps:

Nunu KallerKauf mich! Auf der Such nach dem guten Konsum.

&

Petra Rivoli, Reisebericht eines T-Shirts

Ein Alltagsprodukt erklärt die Weltwirtschaft

Vielleicht als Weihnachtsgeschenk anzudenken oder gleich ein Vintage-Stück vom Flohmarkt, sei es ein Kleidungsstück oder ein Objekt mit Geschichte.

Vielen Dank an die Leigeberin Bettina Gaber von Kunst19 by BG!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Das Reisen mit dem Flugzeug

Montag, 11.07.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Die Geschichte der AUA

 

“Das Fliegen gibt es schon verdammt lang!”, so lautete Martins Intro zu meinem Sendungsbeitrag über die Geschichte der AUA und das Reisen mit dem Flugzeug.

Was nämlich die wenigsten wissen – die erste regelmäßige internationale Flugverbindung der Welt wurde in Österreich gestartet. Fünfzehn Jahre nach dem historischen Flug der Gebrüder Wright gab es ab dem 1. April 1918 Wien/Aspern Post über die Luft bis nach Kiew. Dieses Service bestand nur für sieben Monate, ist aber trotzdem ein markanter Meilenstein in der österreichischen Luftfahrtgeschichte.

Inspiriert wurde ich zu diesem Sendungsbeitrag von einem Nachlass, den ich übernommen habe. Die ursprüngliche Besitzerin war jahrzehntelang Stewardess bei der AUA und hat die Blütezeit dieser miterlebt. Wunderbare Objekte mit Geschichte waren dort zu finden und dank der Nichte der ehemaligen Flugbegleiterin durfte ich die Stücke auch in der Sendung präsentieren.

Ein kurzer geschichtlicher Überblick der von uns Östereicher:innen liebevoll genannten “AUA”, heute als “Austrian Airlines” bekannt. Am 31. März 1958 fand der erste Linienflug von Wien nach London statt. 1969 dann der erste Langstreckenflug, mit Destination New York.1987 suchte Lauda um die Flugkonzession an – das damalige AUA-Management versuchte dies mit allen Mitteln zu verhindern, um das Monopol zu schützen. Wechselseitige Feindbilder wurden aufgebaut, die leider über viele Jahre aufrecht blieben.

2000 fand dann der Wechsel zur Star Alliance statt. Steigende Kerosinpreise und  zunehmende Wettbewerbsdruck durch sogenannte “Billigflieger” führte zu Liquiditätsengpässen und dem Verkauf des „Familiensilbers“ – in Form von Liegenschaften, Duty-Free-Shops und der Cateringtochter Airest.

2011 rüstete die Austrian ihre Kurz- und Mittelstreckenflotte mit einer neuen Inneneinrichtung und neuen Sitzen aus

Aufgrund der Corona-Pandemie musste Austrian Airlines am 18. März 2020 den Flugbetrieb temporär einstellen und nahm ihn erst nach 90 Tagen Pause am 15. Juni 2020 wieder auf. Seit 2022 ging der klimaverträgliche Luftverkehr mit vier Airbus A320neo an den Start. Die neuen Flugzeuge sind treibstoffeffizienter, leiser und kostensparender.

 

Zurück zur Sendung: Aus der glamourösen Zeit der Flugfahrt brachte ich etwas Geschichte zur AUA mit, als man noch stolz auf „unsere“ Fluglinie war. “Ist das tatsächlich Geschirr, das im Flugzeug serviert wurde?”, fragte mich Martin mit dem Blick auf die Silberware. Die versilberten Terrinen waren für den Tafelspitz gedacht, “Flughafen Wien” war darauf graviert. Aber auch gebogene Löffel, für den Amuse Gaule, waren in diesem wunderbaren Fundus mit dabei.

Damals hießen Flugbegleiter:innen ja Steward und Stewardess, wobei es in den Anfängen bis zu den 1990er Jahren wohl hauptsächlich Frauen waren. Damals war Fliegen noch ein Gesamterlebnis. Was war das früher mal für ein Abenteuer…schon beim Kofferpacken hat der Urlaub begonnen und die Ankunft am Flughafen war schon fast exotisch. Billigflieger sind Killer des stimmungsvollen Reisens und natürlich auch des Klimas – ein Umdenken wäre wünschenswert!

Die schönen Koffer, das Personal, die Freundlichkeit und der persönliche Check in – ja, man hat sich sogar elegant gekleidet, so wie man auch ins Theater ging. Und man freute sich, mit Messer und Gabel zu essen.

Aber was hatte ich noch mit in der Sendung? Einen Steward Koffer von Helena Rubinstein. Die Ausstattung war damals einfach so elitär.

Die neue Mode, die jedes Jahr vorgeführt wurde, war auf allen Titelseiten zu sehen – die neue AUA Tracht, sowie die neue Haarpracht der Stewardessen. Ich hatte die Uniform eines Co-Piloten an und da dies eine absolute Rarität ist, befinden wir uns da in einem oberen dreistelligen Bereich, wenn wir von Wertigkeit sprechen. Diese Uniformen konnte man als Normalsterblicher ja nie kaufen, aus diesem Grund sehr rar und umso begehrter.

Die ehemaligen Hauptzentrale der AUA in Oberlaa hat wie ein Flugzeug ausgesehen. Auch die Möbel waren so elitär gemacht und waren aus dänischem Design. In einem der Möbelstücke mit Geschichte von dort, gab es sogar ein Originalbrandloch einer Zigarette, als das Rauchen in Innenräumen und im Flieger noch kein Tabu war, Mad Men Style (Gottseidank hat sich die Wertigkeit des Rauchens für die Gesundheit aller geändert.).Heutzutage gibt keine Wertgegenstände mehr in den Flugzeugen. Einige wenige Fluglinien führen wieder Metallware, wie die Lufthansa, aber das echte Geschirr kommt trotzdem nur in der Business und First Class zum Einsatz.

Anno dazumal war es einfach großartig, wenn Prominente im Flieger sassen. Da sagte der Pilot über den Lautsprecher: “Heute sitzt Kurt Jürgens mit im Flugzeug!” und man fühlte sich, als wäre man ein Zuschauer am roten Teppich. Heute bevorzugen Berühmtheiten leider eher Privatjets.

Trotz allem: Über den Wolken muss die Freiheit wohl Grenzenlos sein- ganz nach Reinhard Mey 1974…

“Über den Wolken

Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

Alle Ängste, alle Sorgen

Sagt man

Blieben darunter verborgen

Und dann

Würde was uns groß und wichtig erscheint

Plötzlich nichtig und klein”

 

Zum Abschluss zum Ansehen und Mitsingen: Reinhard Mey Über den Wolken

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Form Follows FUNction

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Form Follows FUNction

Montag, 03.05.2021, ab 17:30, 

Studio2//ORF

Thema diesmal: Form Follows FUNction (die Form folgt dem Dekorationsaspekt)

Form Follows Function – die Form folgt der Funktion, ein von Architekt:innen und Industiedesigner:innen angestrebtes Ziel. Adolf Loos, das deutsche Bauhaus mit Mies van der Rohe und auch Wilhelm Wagenfeld waren Anhänger der form follows function Philosophie, wenn auch mit teils divergierenden Auslegungen. 

Was geschieht wenn das Ganze umgedreht und durch Ornamentik die Funktion überlagert wird – Ja, dann rücken die Sammler:innen auf den Plan und überbieten sich mit Skurrilitäten und dem Wunsch, dass das Gegenüber gar nicht draufkommt, was das Objekt der Begierde für eine Funktion hat.

Der “rote Plastikkaktus”, wie er liebevoll von Moderator Martin genannt wurde – also der Design Kleiderständer von Guido Drocco & Franco Mello für Gufram bewegt sich im hohen vier- bis fünfstelligen Bereich (circa 8000 – 10.000 Euro), wenn er aus der ersten Serie stammt. Das Dekorative überlappt die Funktion. Nicht mal James Bond wäre es gelungen hierauf seinen Hut treffsicher zu platzieren.

Der amerikanische Bildhauer Greenough hat schon 1852 im Zusammenhang mit den organischen Prinzipien der Architektur von form follows function gesprochen.

Martin und ich haben heute “Das Ding der Woche” (Oliver Baier) nachgespielt – es gab spannende Vermutungen (Ist das eine Urinflasche? Nein, ein patentiertes Befeuchtungsgerät aus Milchglas – dirty pun intended – Erklärung siehe gleich nachstehend), …ich habe natürlich alle Rätsel aufgelöst.

Ein kurzer Einblick in das Kuriositätenkabinett, das ich in der Sendung vorgestellt hatte: Dachrinnenabschlüsse in Drachenform, erinnert an die Wasserspeierauslässe der Notre Dame, dieser war aus der Spätbiedermeierzeit um 1870/80; ein Schnurspender, der richtig herrlich verziert wurde und stammte aus der Zeit, in welcher der Eiffelturm gebaut wurde; das Fußstück einer freistehenden Badewanne in Engelsform,;eine Bischofsgürtelschnale; ein Wandwasserverdunster oder Befeuchtungsgerät vorm Kachelofen, heute vor der Zentralheizung (von Martin als Urinflasche bezeichnet) – gesetzlich geschützt, ergo patentiert und aus Milchglas gemacht; ein Gewicht, das aussieht wie eine Quaste und einen Theatervorhang zusammenhalten kann durch sein Gewicht – und zu guter Letzt ein Billardkugelauswurf – Kugel fällt ins Loch, Gesicht klappt nach unten, und fängt die Kugel spielerisch wie eine Hand auf.