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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Ungeliebte Weihnachtsgeschenke

Montag, 08.01.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Weihnachtsgeschenke reloaded

“Weihnachten ist, wie wir wissen, die Zeit des Schenkens und der Januar ist dann immer eine Zeit des Umtausches, da muss man ganz ehrlich sein!” meinte Verena mit einem Augenzwinkern. 

“Christof, Du hast einige Unikate mitgebracht, die eigentlich Freude bereiten sollten, aber es kam dann anders”. 

Schon letztes Jahr haben wir im Januar 2023 aufgezeigt, wie unpassend Weihnachtsgeschenke manchmal ausfallen können. Da jener Sendungsbeitrag so gut angekommen ist, dachte ich mir, ich frage mal wieder im Familien- und Freundeskreis welche Highlights, aber auch welche Enttäuschungen es im Sinne von Geschenken dieses Jahr gab. 

Geschenkt wurde immer schon, schon historisch gesehen, wenn man an das trojanische Pferd denkt, dass die Griechen ja den Trojanern geschenkt haben. Metaphorisch versteht man heute unter einem „trojanischen Pferd“ ein harmlos aussehendes Objekt, das ein Angreifer zur Tarnung verwendet, um in einen sicheren, geschützten Bereich eingelassen zu werden.

Oder man denke nur an “Asterix & Obelix”, als Cäsar das gallische Dorf verschenkt. Das Comicbuch “Das Geschenk Cäsars” aus 1974 von Goscinny und Uderzo handelt davon, wie Cäsar Soldaten beschenkt , die zwanzig Jahre in der Armee gedient haben, mit Ländereien. Darunter ist ein Soldat namens Keinentschlus, ein Trinker, der im Alkoholdelirium Cäsar beleidigt hat. Cäsar schenkt ihm zur Strafe das gallische Dorf. Keinentschlus kann kurz darauf in einer Gastwirtschaft die Rechnung nicht begleichen und schenkt die Plakette mit dem Siegel Cäsars, das ihn als Besitzer des gallischen Dorfes ausweist, dem Wirt Orthopädix. Dass römische Legionäre am Ende ihrer Dienstzeit Ländereien bekamen, ist wahr. Wie im Comic hing die Großzügigkeit dieser honesta missio (ehrenvoller Abschied) davon ab, wie sich die Soldaten ihren Vorgesetzten gegenüber verhielten.

Das erste vorgestellte Objekt war ein sehr abgenutzter Gartenzwerg aus dem 19. Jahrhundert. Es wurde missverstanden, was die Person haben wollte – was am Christkindl-Zettel stand. Die Dame ist ein absoluter Fan des französischen Films “Die wunderbare Welt der Amélie”. In dem Film wird Amelies Vater, den sie gelegentlich per Bahn besucht, immer abwesender und hört ihr kaum noch zu. Auf das Mausoleum seiner verstorbenen Frau setzt er einen großen Gartenzwerg, den seine Frau nie ausstehen konnte.Kurz darauf entwendet Amélie heimlich den Gartenzwerg und übergibt ihn einer Freundin, die als Stewardess arbeitet. Fortan erhält Amélies Vater aus allen Teilen der Welt Fotos seines Gartenzwergs auf Reisen. Leider hat die Beschenkte aber keinen Garten, auch wenn der Gedanke wirklich wunderbar war, so wie Amelies Welt. Der Wert läge bei einem vierstelligen Betrag, wäre der Gartenzwerg in einem besseren Zustand, hier wurden dafür eher um die 300 Euro circa berappt und auch ein Sammler wäre bereit diesen Preis zu bezahlen, aber einer der mindestens einen Schrebergarten hat.

Weiter ging es im Takt mit den ungeliebten Weihnachtsgeschenken. Gewünscht war ein Fox Terrier, geschenkt wurde eine 300-400 Euro Murano Foxl Figur,mit dem man natürlich nicht Gassi gehen muss. Dieser behält auch seinen Wert, solange er nicht runterfällt. Hegen und pflegen muss man ihn doch fast wie einen echten Hund.

Die Kaffeemühle aus den 1920er Jahren, die keinen Strom verbraucht und einem Klimaaktivisten geschenkt wurde, der seinen Kaffee aber trotzdem gerne fein gemahlen trinkt und in der Macchinetta zubereitet, war das nächste Objekt.

Der Wecker, mit dem Konterfei der Mutter am Display, der einem Bummelstudenten geschenkt wurde, kam leider auch nicht gut an. Zum Vergleich hatte ich das Original mit, den legendären 1970er Wecker ohne Foto der Mutter als Schreckenselement. Beim ersten Einsatz wurde er schon gleich an die Wand geworfen, alle Schrauben sind nun locker – das Geschenk wohl nicht mehr funktional.

Weiters wurde ein Smartphone gewünscht, wie man das bei den Jugendlichen ja kennt, geschenkt wurde von den Eltern allerdings das legendäre Eriksson (in beige, auch aus den 1970er Jahren wie das vorhergehende misslungene Geschenk), welches auch einen Auftritt in einem James Bond Film hatte.  Ich selbst hatte eines in Ferrari Rot, nur in dieser Farbe liegt es bei einer Wertigkeit um die 200 Euro.

Einem Ex-alkoholiker wurde eine ein Modell-Bar unter dem Baum gereicht – der Clou: ohne Gläser und das doppelt lustige daran ist, dass wenn die Flaschen angehoben werden, fängt eine Spieluhr an zu spielen, somit kann der Beschenkte nicht unbeobachtet wieder trinken. Pure Versuchung, der widerstanden werden muss.

Der Charles & Ray Eames Loungechair war gewünscht, bekommen hat sie dann leider nur das Modell.

Das letzte Objekt war ein Wurschtelprater Kraftmess-Apparat – ein absolutes Vintage-Highlight (Wertigkeit im vierstelligen Bereich), auch wenn in Wirklichkeit ein Hometrainer DAS Traumgeschenk gewesen wäre.  Verena und ich haben es natürlich gleich ausprobiert, aber leider nur den Säufer-Status geschafft.

Die Geschichten zu diesen Fiaskos sind noch besser als die Geschenke selbst… 

 

Vielen Dank an die Leihgeber:innen (die gerne anonym bleiben wollen).

 

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Modellspielzeug

Montag, 21.12.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: „Spielzeug für Erwachsene“

“Bei manchen Erwachsenen wird das Herz jetzt höher schlagen und sie wollen wieder Kind sein, Christof Stein hat uns diesmal Spielzeug für Erwachsene mitgebracht!”, so begann Verenas Einführung in meinen Sendungsbeitrag.

In der Kunstkammer kann man sich die unglaublichsten Schiffsmodelle anschauen, das wissen die wenigsten, dass die Habsburger so verspielt waren. Technische Meisterwerke, die schon vor 200-300 Jahren so gebaut wurden, so dass man aus der Miniaturkanone eine echte goldene Kugel schießen konnte. An diesen Objekten wurde oft bis zu zwei Jahren gebastelt, um sie detailgetreu wiedergeben zu können.

Die erste deutsche Eisenbahn fuhr am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth. Schon kurz danach tauchten in den Zeitungen Werbeanzeigen für sogenannte “Bodenläufer” auf – kleine Fahrzeuge, die man an einer Schnur hinter sich herziehen konnte. Sie ähneln nur grob dem Vorbild der Ludwigseisenbahn. Einem bestimmten Maßstab entsprachen diese Kinderspielzeuge damals noch nicht.

Genau wie die erste Eisenbahn mit Uhrwerkantrieb, die Märklin 1891 präsentierte. Solche fahrenden Eisenbahnen waren für ärmere Haushalte, wie man sich vorstellen kann, anfänglich unbezahlbar.

Keine andere Spurgröße bietet so eine große Produktvielfalt wie die Spur H0. Mit einem Maßstab von 1:87 sind ihre Modelle ungefähr halb so groß wie die der einst viel verbreiteten Spur 0. H0 Spur -bedeutet, dass die Modelle 87 mal kleiner als das Original sind.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen dann auch die ersten Modellautos auf. Auch die Autos erinnerten zunächst nur vage an ihre Vorbilder – bis die Hersteller sie als Werbemittel entdeckten. Getreu seinem Motto: “Die ersten Worte, die ein Kind sprechen können muss, sind Papa, Mama und Citroën”, ließ der französische Autoproduzent André Citroën ab 1922 vom Spielwarenhersteller Fernand Migault winzige, nahezu perfekte Kopien seiner Autos herstellen. Andere Autoproduzenten folgten seinem Beispiel.

Der Trend zum naturgetreuen Nachbau hielt an. Eisenbahnen und Autos, aber auch Flugzeuge, Schiffe und Gebäude orientierten sich zunehmend an Vorbildern in der großen Welt. Und die Modelle galten immer weniger als Spielzeug: Modellbau wurde zum respektierten Hobby für Erwachsene.

In den 1960ern entwickelte sich die elektrische Eisenbahn zum beliebten Weihnachtsgeschenk. Allerdings wurde die Bahn in den meisten Haushalten auch nur einmal im Jahr hervorgeholt – an Weihnachten.

Echte Modellbauer jedoch verpacken ihre Bahn nicht in Kisten, sie bauen ihr eine Welt. Im Handel gibt es heute eine breite Palette an Produkten, die bei der Gestaltung helfen können. Aber sie haben auch einen hohen Preis: Eisenbahn-Modellbau gehört zu den teuren Hobbys.

Aber nun zu den mitgebrachten Objekten mit Geschichten, die ich in der Sendung präsentierte:

Die Eisenbahn, die ich mitgebracht hatte, war eine tolle Spenglerarbeit, mit detaillierter Innenausstattung, bestehend aus tausend Teilen und bei der Wertigkeit im höheren vierstelligen Bereich liegend, eine ÖBB Dampflok aus den 1920/30er Jahren.

Einmal zusammengebaut, bleibt das Modell dann so, nicht wie bei Lego wo man es wieder auseinander nehmen kann. Diese sind industriell schon fertig erzeugt und entsprechen eben keinem Modellbausatz. Man gibt besondere Stück wie diese Dampflok dann über Generationen weiter, ein Familienschatz sozusagen, wie ein Barock Tabernakel.

Das nächste Objekt war ein Modell der legendären Hamburg II, so genannter Schlepper, die große Dampfer aus dem Hafen herauszog, ein Ferrari der Schiffe, weil die Hamburg II über so viele PS verfügt. Die Liebe zur Materie zeigt sich in der Detailverliebtheit, der richtige Maßstab der Flaggen – und im Rettungsboot liegt sogar einer.

„Wie wird es weiterverkauft ?“, fragte mich dann Verena – eine größere Wertigkeit erlangt man, wenn das Stück in einem guten Zustand ist, aber auch der Besitzer macht einen Unterschied – wenn diese/r also eine bekannte Persönlichkeit war und die Provenienz nachvollziehbar ist und/oder die Originalverpackung noch besteht, dann hat sich die Wertigkeit – salopp gesprochen – “gewaschen”.

Ohne Koffer lägen wir nun bei dem Modellschiff bei 700 – 900 Euro mit Originalkoffer bei 1500 – 1700 Euro, wenn es Jacques-Yves Cousteau

in den Händen gehalten hätte, dann wären wir fix im fünfstelligen Bereich.

Bei dem Motorboot Modell im James Bond Style Ende 1960er Jahre war der Motor unfassbar detailgetreu.

Da kann man sich Roger Moore oder Sean Connery mit den Girls darin regelrecht vorstellen.

Beim Modellauto fehlte ein Scheinwerfer. Diesen aufzutreiben wäre sicher ein Unterfangen, wo man sich in den Untiefen des Internets bewegen müsste, um es zu finden. Die fehlende Radkappe ist natürlich auch ein NO GO. Fehlende Teile senken natürlich die Wertigkeit.

Zum Abschluss sprach ich noch über das Segelschiffmodell, bei welchem das Segeltuch aus echter Seide gemacht war, Tischlerkunst vom Feinsten, selbst Deck und Boden wie beim richtigen Schiffbau gefertigt waren.

Die Überschreitung unseres Zeitlimits kam dann geräuschintensiv mit Norbert ins Bild – ein Modell Lkw, der Norberts Spieltrieb geweckt hatte. Das Herrliche daran war, dass der LKW aus dem Altwarenhandel kommt und einfach alles kann, er blinkt, er startet im Originalton und schüttelt sich dabei, ist ferngesteuert – und hupen geht auch. Wir Männer konnten gar nicht genug bekommen, Verena war schon am Verzweifeln und wurde neckend von Norbert angefahren. Nichts passiert natürlich. Am Ende haben wir alle gelacht.

 

Vielen Dank an den Leihgeber Paul.

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Vivienne Westwood

Montag, 28.11.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Vintage und Second Hand

Ich habe diesmal das Studio2 Set zu einem kleinen Vintage-Laden umfunktioniert und von meiner Südfrankreich Reise erzählt. Drei bis vier Mal im Jahr mache ich solche Einkaufstouren, um den Kopf freizumachen, auf der Jagd nach Möbel und Objekten mit Geschichte – und diesmal bin ich über einige spannende Vintage Kleidungsstücke gestolpert.

Also, es war so, ich stehe in einem Second Hand Geschäft für Allerlei Altwaren und finde dort tatsächlich ungetragene Kleidungsstücke von keiner Geringeren als der Modeikone Vivienne Westwood – in der Sendung hatte ich diese besondere Kombi, wo das Gelee gleich im Jacket inkludiert war, an, und auch den Mantel und die herrliche Fischerhose mit, präsentiert auf Vintage Schaufensterpuppen. So ein Outfit fördert einfach herrlich den Individualismus. Hier könnt ihr euch ein Bild davon machen.

Die Grande Dame der Mode, die ja leider vor einem Jahr verstorben ist, war eng mit Österreich verbunden. Von 1989 bis 2005 unterrichtete sie die sogenannte Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst in Wien.  Dort lernte sie den Studenten Andreas Kronthaler kennen und heiratete ihn 1992.

Eine großartige Menschenrecht- und Umweltaktivistin war sie auch darüber hinaus. Die Modedesignerin Westwood hat schon bevor es “en vogue” war zu einem nachhaltigeren Modekonsum aufgerufen: “Kauft weniger, sucht es sorgfältig aus, lasst es beständig sein” und “Was gut für die Erde ist, ist gut für die Wirtschaft”, waren die Credos der Ikone.

Wieviel Kleidung muss wirklich neu gekauft sein oder sollte nicht Vintage Fashion mehrere Chancen bekommen und somit die Umwelt geschont werden?

Eines meiner mitgebrachten Lieblingsstücke war, von der nicht mehr existenten, Marke Fred Adlmüller, die Kleider waren immer mit einem Etikett mit dem wunderschönen Schriftzug versehen. Ohne Adlmüller war die Opernball Eröffnung undenkbar. Fred Adlmüller leitete die Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst von 1973 bis 1979, 10 Jahre vor Vivienne Westwood. Seine Damenmode, die unter anderem von in- und ausländischen weiblichen Stars getragen wurde, wird als Haute Couture in femininem klassischen Stil beschrieben, er zeichnete sich aber auch für die Staatsfräcke der Bundespräsidenten der Zweiten Republik verantwortlich. In den 1950er Jahren kreierte er das Parfum “Eau de Vienne”.

Natürlich gibt es Sammler:innen für Vintage Stücke, welche die Prominenz getragen hat, wie beispielsweise eine bestimmte Jacke von Elvis Presley oder eine sensationell ausgefallene Krawatte von Elton John oder Sissis (Kaiserin Elisabeths) Handschuhe aus einer bestimmten Zeit.

Aus meinem Geburtsjahr hatte ich eine Skijacke mit, welche Teil der Ausstattung der österreichischen Damen Nationalmannschaft 1964 bei der Olympiade in Innsbruck war – diese kann man nirgendwo kaufen, sondern nur am Second Hand Markt erstehen, wenn man Glück hat. Da sind wir bei einem Wert von knapp 1000 Euro.

Zum Wert von Vintage Kleidung generell ist zu sagen: Die Kleider können gelebt sein, beispielsweise aus dem 1970er Kolorit im Style der ABBA Waterloo Song Contest Outfits oder 1980er Versace Style, aber auch simple Stücke mit weniger pompösen Begleiterscheinungen haben es vor allem der Jugend heutzutage angetan.

Arbeitsbedingungen und zu einem fairen Lohn produziert, wobei kein Tier zu Leid käme und die Umwelt weder durch die Herstellung noch durch die später entstandenen Produkte zu Schaden käme, wären das Optimum. Da dies leider noch nicht der Fall ist, ist es mein Appell sich mehrfach zu überlegen, ob man ein neues Kleidungsstück á la Massenware kauft, sich ein Vintage Stück holt oder eventuell in eine nachhaltige Marke investiert (meist kleine, feine aber doch teure Labels).

Die traurigen Hard Facts hierzu: Jährlich werden weltweit 150 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt. 150 Milliarden! Die Textilindustrie verursacht über 10% der weltweiten CO2-Emissionen. Mehr als 50% aller Textilfasern bestehen aus Polyester – Polyester besteht aus Öl. Nur 1% der gesamten Baumwolle wird biologisch angebaut – und zu guter Letzt: ein T-Shirt benötigt für seine Produktion ungefähr 1.400 Liter Wasser. Unfassbar, oder?

Der Textilsektor war im Jahr 2020 die drittgrößte Quelle für Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch. In diesem Jahr wurden im Durchschnitt neun Kubikmeter Wasser, 400 Quadratmeter Land und 391 Kilogramm Rohstoffe benötigt, um Kleidung und Schuhe für jeden EU-Bürger herzustellen. Wer glaubt, Containerschiffe seien eine klimafreundliche Transportalternative, der liegt falsch. Täglich stoßen die Hochseeschiffe tonnenweise Schadstoffe aus und verschmutzen unsere Luft schwer.

Aber die gute Nachrichten: Überall schießen (auch leistbare) Vintage Läden wie Schwammerl aus dem Boden und wie vorher schon erwähnt sind vor allem gerade die jungen Leute total fasziniert davon, sei es aus Modeaspekten oder weil die Nachhaltigkeit und das Umweltbewusstsein im Vordergrund stehen. Klar ist, es fördert den Individualismus und gibt den Menschen abseits des Mainstream Shoppings eine persönliche Note.

MUST SEE: Es läuft eine großartige Ausstellung im MAK zu dem Thema namens CRITICAL CONSUMPTION. Es sollte noch viel mehr in diese Richtung geschehen.

Zum Abschluss noch zwei Buchtipps:

Nunu KallerKauf mich! Auf der Such nach dem guten Konsum.

&

Petra Rivoli, Reisebericht eines T-Shirts

Ein Alltagsprodukt erklärt die Weltwirtschaft

Vielleicht als Weihnachtsgeschenk anzudenken oder gleich ein Vintage-Stück vom Flohmarkt, sei es ein Kleidungsstück oder ein Objekt mit Geschichte.

Vielen Dank an die Leigeberin Bettina Gaber von Kunst19 by BG!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Keramik

Montag, 30.10.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Spritzdekor Keramik

“Wir sind alle im Wandel der Zeit und heute gehen wir ein wenig in der Zeit zurück”, meinte Norbert als Einleitung in mein Sendungssegment.

Die Anfänge der Spritztechnik lassen sich in das späte 19. Jahrhundert zurückverfolgen und wird zumeist mit der amerikanischen Keramik Entwerferin Laura Ann Fry und dem Erfinder Charles L. Burdick in Verbindung gebracht. Bereits 1883/84 soll Frey während ihrer Tätigkeit für die Manufaktur Rookwood Pottery in Cincinnati, Ohio einen sogenannten “Mundzerstäuber” (Engl.: mouth atomizer) erfunden haben. Dieser wurde in den darauffolgenden Jahren weiterentwickelt, bis schließlich 1886 die Patentanmeldung für eine “mit Druckluft betriebene Spritzpistole” folgte. 1889, im Jahr der Patenterteilung, stellte Rookwood Pottery ihre Spritzdekor-Keramik auf der Weltausstellung in Paris vor, (das Jahr in dem der Eiffelturm eröffnet wurde) wo sie erste Erfolge feierte und international Bekanntheit erlangte. Der amerikanische Hobby-Aquarellmaler Ch. L. Burdick soll sein Gerät ebenfalls bereits Ende des 19. Jahrhundert erfunden haben. Er meldete den Spritzapparat nach seiner Übersiedlung nach London zum Patent an und gründete kurz darauf die Firma Fountain Brush. Im deutschsprachigen Raum war es Albert Krautzberger, welcher 1902 als erster ein “durch Druckluft betriebenes Malgerät” zum Patent anmeldete. Bis zum ersten Weltkrieg wurden Farbzerstäuber bereits im großen Stil auch in den Keramikmanufakturen verwendet. Heute würde man es wahrscheinlich „Airbrush“ Technik nennen.

In der Mitte der Dreißiger Jahre wurden die revolutionären Muster im Umfeld des Entarteten angesiedelt wurde und verschwanden aus den Regalen und wurden massenweise zerschlagen. Zuvor erfreut ich die Technik größter Beliebtheit und fand sich in fast allen Haushalten. 

Spritzkeramik ist für viele Menschen erschwinglich. Ein an Moden orientiertes Konsumverhalten setzt sich bis in die Haushalte auch der ärmeren Bevölkerung durch. Steingut ist lange Zeit ein minderwertiger Porzellan-Ersatz. Durch neue Misch- und Brennverfahren wird es in den 1920er Jahren stark verbessert. Es ist nun das bei weitem günstigere, formal überlegene und modernere Produkt. Durch neue Produktionsverfahren kann Steingut in großen, klaren und auch eckigen Formen gefertigt und bei niedrigeren Temperaturen mit sehr viel leuchtenderen Farben dekoriert werden als Porzellan. Das erfordert auch eine neue Formgestaltung und anderen Formenschmuck, der die “Schönheit in der Fabrik- und Massenware” bejaht anstelle einer Rückbesinnung auf historische Muster und individuelle Einzelarbeiten.Mit der massenhaften Herstellung von Spritzdekor-Keramik entwickelt sich eine starke Konkurrenz zwischen den Betrieben, die vom neuen Steingut profitieren wollen. Es liegt nahe, dass die avantgardistischen Dekore im Widerspruch zu der Vorstellung des Volksgeschmacks stehen, den die Nationalsozialisten ab 1933 anstreben. Sowohl die Assoziation mit der konstruktivistischen Moderne als auch die Verfemung der Abstraktion in Deutschland als “entartet”, sind eben die vorher erwähnten Gründe für das Verschwinden des Spritzdekors in der NS-Zeit. Die altdeutsche Blümchen Ästhetik ersetzte die avantgardistische Formensprache.

Nun im Speziellen: Im niederösterreichischen Wilhelmsburg wurde am Standort der Winckhl-Mühle an der Traisen um 1795 eine Steingutproduktion aufgenommen.Ein paar Jahre später auf dem Grundstück der „Winckhlmill in der Lödergassen“. Die Fabrikation erreichte keine größeren Ausmaße, bis schließlich 1883 Heinrich Lichtenstern aus Wien die “k.u.k. privilegierte Wilhelmsburger Steingut- und Porzellanfabrik” erwarb. Einige Jahre floriert das Geschäft, bis als Folge der Weltwirtschaftskrise gegen Ende der 1920er-Jahre, eine Zeit großer wirtschaftlicher Schwierigkeiten beginnt. Anfang der 1930er-Jahre wird mit der Produktion von kubistischen Spritzdekoren begonnen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden alle drei Werke durch die Nationalsozialisten enteignet und nach dem Krieg die beiden Werke in Znaim und Teplitz durch die tschechoslowakische Regierung verstaatlicht. In Wilhelmsburg erkennt man in den 1950er Jahren, dass das Steingut bald von Porzellan abgelöst werden wird. Die 1938 abgebrochene Porzellangeschirrerzeugung wird wieder aufgenommen. Der damalige Eigentümer Conrad Henry Lester entschied in den 1960ern, einen eigenen Markennamen für das Porzellan einzuführen, und wählte den in Österreich bis heute bekannten Namen Lilien-Porzellan. Der Name ist auf die drei Lilien im Wappen von Wilhelmsburg und auf das nahe gelegene Stift Lilienfeld zurückzuführen.

Was lange als Flohmarktware sein Dasein fristete, wurde vor gut 20 Jahren von Tilmann Buddensieg erstmals für die Ausstellung “Weimarer Keramik” ins Nürnberger Germanische Nationalmuseum geholt und wuchs mit den Jahren zu einem veritablen Sammelgebiet. Brotdose, Oma Häferl (in der Farbe passte dies wunderbar zu Norberts bordeaux-farbenem Hemd) oder eine Schüssel um das Obst zu drapieren – die Vielfalt der Produkte lässt das Sammlerherz höher schlagen, wichtig ist, den meisten so viele Stücke wie möglich im selben Stil zu finden. Der Unterschied zwischen Porzellan und Keramik ist unter anderem der Hauptbestandteil, der bei Keramik eben Ton und bei Porzellan Kaolin ist. Keramik ist um einiges zerbrechlicher, da poröser. Umso seltener somit gut erhaltene Spritzdekor Keramik ohne jegliche, wenn auch minimale, Schäden. Je seltener, desto besser für den Sammler. Spannend: Gänzlich verschwunden ist die Technik jedoch nicht. Die Karlsruher Majolika-Manufakur beispielsweise produziert noch heute Keramik im Spritzdekor.

Zum Abschluss hat mich Norbert noch gefragt, wie ich bei den Kollegen einkaufe. Falters Journalist Matthias Dusini hat mich ja den “Seelsorger der Dinge” genannt. Darauf meinte ich, dass ich nicht handle, sondern den Objekten den nötigen Respekt zolle – entweder kann ich es mir leisten, oder eben nicht.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Von Trash zur Kunst – Spoerri, Tinguely & Co.

Montag, 04.09.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Franz Dudes “trashige” Kunstobjekte

In meinem heutigen #studio2 Sendungsbeitrag auf #orf ging es um Kunst, die aus Trash gemacht wird.

Dinge, wo man auf den ersten Blick nicht weiß, ob und was sie wert sind, meinte Norbert.

Es gibt viele Künstler, die aus Trash Kunst machten – Marcel Duchamp, Daniel Spoerri und seine Fallenbilder oder auch der brasilianische Künstler und Kurator Vik Muniz, oder der Schweizer Bildhauer und Maler des Nouveau Réalisme Jean Tinguely, Joseph Beuys… um nur einige zu nennen. Viele Vorbilder aus aller Welt haben sich mit Müll oder Trash beschäftigt und daraus hochpreisige Kunst geschaffen.

Ich komme in Wohnungen, in Nachlässe und denke mir – schade, das kann man doch nicht alles wegwerfen. Meine Aufforderung an alle  – packen Sie den Ramsch in eine Kiste und geben Sie ihn zumindest dem nächstgelegenen Kindergarten. In Kindern stecken immer kleine Künstler!

Schon knapp vor den Swinging Twenties hat Marcel Duchamp für Aufregung in der Kunstszene gesorgt, als er seine Ready-mades als Kunst verkaufte – das berühmte Urinal aus 1917 mit dem klangvollen Titel “Fountain” (signiert R.Mutt)haben wir alle im Kopf.

Daniel Spoerri, der ja in Niederösterreich in der Nähe von Langenlois sein Museum hat , kommt oft mit seinen über 90 Jahren bei mir am Naschmarkt Flohmarkt vorbei um Materialien für seine Kunstwerke zu sammeln.

Wo früher die Bühne des alten Basler Stadttheaters stand, hat Jean Tinguely 1977 verspielte Maschinenskulpturen in ein Wasserbecken gestellt und der Stadt damit ein neues Wahrzeichen geschenkt. Spoerri und Tinguely hatten sich übrigens in den 1950er Jahren auch in Paris angefreundet, waren Zeitgenossen und beide Vertreter des Nouveau Réalisme. Tinguley hat mit Schrottplatzmaterial auch den fantastischen Brunnen vor dem Centre Pompidou gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin Niki de Saint Phalle gestaltet. Aus Trash kann große international anerkannte Kunst werden !

Lauter wertlose Souvenirs, beispielsweise eine Sammlung an Muscheln werden mit Kunst des Erinnerns mit Wert versehen. So genannter Ramsch, den ich oft in Nachlässen finde, beispielsweise, wird in Künstlerhänden vom Wertlosen zum Kunstgegenstand transformiert . So können Mythen entstehen. Auch die #studio2 Set Designerin Christa hat sich aus der Ramschkiste ein paar Sachen rausgefischt und sich im Arrangement selbst verwirklicht – frei nach Joseph Beuys – in jedem steckt ein Künstler. Der Satz entwickelte sich für Beuys zu einer Art Slogan.

Franz Dude, Wiener Künstler, Kameramann, Musiker und Musikproduzent, Co-Geschäftsführer im Ramsch&Rosen ist einer dieser Trash Künstler, der kleine beschnitzte Knöchelchen, Modeschmuck, Käfer, Schmetterlinge und viel anderes “Zeugs” auf einem Baumstamm arrangiert. Diese drei Kunstwerke im Glassturz kommen auf eine Wertigkeit von 3000 Euro pro Stück. Aus Trash wird Kunst!