Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Historische Ostergrußkarten 9. April 2022/in Studio2 /von Gustav GrafMontag, 04.04.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF Thema diesmal: Historisches Ostern “Von wegen, es gibt nur Osterhasen – es gibt auch Osterenten!” meinte Moderator Martin Ferdiny zum Einstieg in meinen Sendungsbeitrag und zeigte auf eine Ostergrußkarte mit einer Ente als Motiv.Für die jüngeren Zuschauer:innen und jetzt Leser:innen – mit einem Augenzwinkern erklärte er, dies wären Papierzettel mit Grußbotschaften gewesen, eben auch zu Ostern – in der Pre-Internet und Pre-Smartphone Zeit ein gängiges Kommunikationsmittel.Zum unserem Osterfest habe ich eine Tradition vorgestellt, die schon seit Jahrhunderten gilt – die Grußpostkarte – ist sie doch vor allen anderen Postkarten, am Beginn gestanden. Ich hatte diesmal eine große Auswahl an historischen Osterpostkarten dabei, sowie auch etwas Osterschmuck aus früheren Zeiten.“Wann hast Du das letzte Mal eine Postkarte verschickt?” habe ich als nächstes Martin gefragt. Er meinte, es wäre schon ein Weilchen her. Gottseidank findet die jüngere Generation wieder Gefallen am Analogen – eine Wiederentdeckung der Langsamkeit in einer sich immer schneller bewegenden Gesellschaft.Erst mit dem Aufkommen des Mailverkehrs verblasste der Glanz der Postkarte, aber Sammler:innen dieser wunderbaren Nostalgie gibt es auf der ganzen Welt. Erst nach dem ersten Weltkrieg gab es mit der steigenden Zahl der Telefonanschlüsse weniger Postkarten. Im Zweiten Weltkrieg wiederum wurden Postkarten als Propaganda eingesetzt. Grußpostkarten, nicht Ansichtskarten waren die allerersten dieser Kommunikationsform, genauer gesagt entstand im Jahr 1415 die erste händisch gestaltete Glückwunschkarte und wurde durch Diener übergeben. Die ältesten Postkarten sind somit die Grußkarten (Namenstag, Geburtstag, Weihnachten, Neujahr, Ostern, Hochzeiten, Pfingsten, & …) dann kamen erst die „normalen“ Postkarten, wie Feldpost, Künstlerpostkarten, u.a. In den 1770ern war das Grußkartenschreiben modern in gehobener Gesellschaft ( teilw. kolorierte Kupferstiche, (Chromo-)Lithographien).. Eigentlich ein Kommunikationsmedium, die „Correspondenzkarte“, hatte eine erleichterte Mobilität durch die Eisenbahn und zuvor der Postkutsche. 1784 führte die privat betriebene kleine Post in Wien Karten mit offen versandten Mitteilungen ein. 1840 gab es in England die erste Briefmarke. Die Einführung der Postkarte fand um 1869 im österreich-ungarischen Kaiserreich (USA bereits 1861 – vorgegebenes Gewicht: 1 Unze) statt. Anfangs hegte man noch Sorge um das Briefgeheimnis und dass durch kurz gehaltene Texte Sprachkultur verloren ginge (das ewige Dilemma, das kennen wir ja auch vom Aufkommen der SMS oder auch Email oder Social Media), aber die Postkarte erfreute sich großer Beliebtheit. Es war ein kurzer Zeitaufwand durch kurze Mitteilung, somit weniger als für einen aufwendigen Brief – und auch die Hälfte des Porto eines Briefes (bis 1500 Meilen = 1 Cent, darüber: 2 Cent) in Bezug auf die Kosten. Ähnlich dem Telegramm waren die Wörter anfänglich begrenzt. Die wahrscheinlich älteste Postkarte hat bei einer Versteigerung im Jahr 2002 50.000 Euro erzielt, um Wertigkeiten einordnen zu können. Der Preisrekord zuvor war für eine Ansichtskarte der Titanic, erzielter Preis: 20.000 Pfund und für eine Feldpostkarte vom Boxeraufstand, erzielter Preis: 30.000 €. Hohe Preise erbringen auch Künstlerpostkarten, oder auch von der Wiener Werkstätte oder Bauhaus. Sammler:innen haben ihre Schätze in Alben gesammelt oder auch in Blechboxen. Ganze 20% der Postkarten wurden direkt von Sammlern gekauft – ohne je als Kommunikationsmedium gedient zu haben. Zur kurzen Erklärung: eine gelaufene Postkarte, ist eine, die beschrieben worden ist -inkusive Briefmarke und Stempel. So eine Postkarte ist natürlich viel wertvoller als die rein grafischen unbeschriebenen, die meist eine hohe Auflage hatten. In der Sendung hatte ich unter anderem eine nette holländische Sammlung mit, allerdings gab es natürlich im gesamten christlichen Europa Ostergrußkarten, teilweise mit Vergoldungen, immer sehr nett gestaltet. Ab 1905 wurde dann das Postkartenformat festgelegt, auch was Tariffe betrifft. Seltenheitswert und somit hohe Wertigkeit hatten Post- und Grußkarten die aus einer Region stammen, aus der wenig verschickt wurde generell – es wird von Sammler:innen also genau auf Poststempel und Briefmarke geschaut, die Jahreszeit kann auch interessant sein und gilt dann quasi als Stempel “Prädikat wertvoll”. Oder aus einer Kriegsregion: wenn beispielsweise eine Region erobert wurde, es vielleicht nur 10 Stück Feldpostkarten verschickt wurden, bevor das Gebiet zurückerobert wurde, lässt das natürlich den Seltenheitswert explosionsartig in die Höhe schießen lässt. Ich selbst verschicke noch gerne Karten. Der Überraschungseffekt wenn physisch etwas im Postkastl vorgefunden wird, ist einfach immer noch besser besser als das Summen des Smartphones. Noch kurz zum historischen Osterschmuck – ich hatte eine Form mit, aus der man selbst Schokoladeosterhasen machen konnte. Die Freude ist auch heute umso größer, wenn es Handgemachtes gibt…schöner als wenn das typische Glockerl drauf ist, wo der Markt die jungen Kosument:innen darauf getrimmt hat, nur dies zu wollen. Weiters hatte ich in Seide umfasste, bemalte Eier mit, die mit einem unglaublicher Aufwand und nachhaltig produziert wurden und somit jedes Jahr wiederverwendet werden konnten. Zum Abschluss: Das Osterfest ist ein Friedensfest und die Hoffnung bleibt uns, dass die Verantwortlichen für diesen Krieg zur Besinnung kommen. Und ja, auch in Russland zählt das Osterfest am 24.4. zu den wichtigsten Friedensfesten der Orthodoxen Christen- eine gute Gelegenheit für die Zivilgesellschaft geschlossen dort aufzustehen und Frieden zu schaffen. FROHE OSTERZEIT! Vielen Dank an die Leihgeberin Julia Halling. https://stein.wien/wp-content/uploads/277792769_728429188538932_4490001591868409431_n-1.jpg 1170 2532 Gustav Graf https://stein.wien/wp-content/uploads/logo-christof-stein-wien.png Gustav Graf2022-04-09 00:30:022022-04-09 00:52:37Studio 2 - Experte Christof Stein spricht über: Historische Ostergrußkarten