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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Kopie vs. Fälschung

Montag, 4.10.2024, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Spektakuläre Kunstfälschungen

 

Martin hat meinen Sendungsbeitrag mit den Worten “Unsere Experte für Altes und Gebrauchtes ist natürlich auch ausgewiesener Kunst-Experte”eingeleitet. Auch wenn das nicht ganz stimmt, habe ich spannende Geschichten aus der Welt der Kunstfälscherei mitgebracht.

Martin daraufhin weiter:”Ich glaube das einzige wirklich echte, das sind die Blumen auf dem Tisch. Wobei ich kann das nicht beurteilen!”, dann kam die Frage an mich: “Christof, Fälschungen und Kopien, was ist da der wesentliche Unterschied?”

Also der Unterschied, wie man es einem einfach am besten erklärt, ist wie folgt: eine Kopie ehrt immer den Künstler. Und die Fälschung, die natürlich sehr oft pekuniäre Hintergründe hat, ist natürlich immer ein Betrug und eine Bereicherung und verboten. Also eine Kopie ist etwas Legales, eine Fälschung etwas Illegales und was Strafbares, um es genauer zu definieren.

Schon seit Menschengedenken gibt es diese, nennen wir sie mal liebevoll “künstlerische Tätigkeit”, ergo dass kopiert und gefälscht wurde.

Schon in der Frühzeit, also in der Antike, hat man einfach Münzen, Papyrus und alles Mögliche gefälscht. Überall dort, wo man sich einen gewissen Vorteil erwartet hat, ist diese “Kunst”entstanden. Interessanterweise hat man in Rom zum Beispiel griechische Kunst kopiert, beziehungsweise eben dann auch gefälscht. Aber immer schon auch mit dem Hintergedanken es offiziell zu machen, womit es eigentlich keine Fälschung war, sondern der Käufer hat gewusst, dass er hier eigentlich eine Kopie eines griechischen Stückes kauft.

Ich bin ja auch sehr viel unterwegs auf diversen Kunst- und Flohmärkten – da habe ich mir natürlich über die Jahrzehnte eine gewisse Expertise angeeignet – was nun eine Fälschung ist, was eine Kopie ist, ob ein Stück ein Original ist – aber in Wirklichkeit weiß ich es nicht immer genau.

In der Sendung habe ich dann die Geschichte eines meiner größten Waterloos erzählt, Geschichten, die das Leben schreibt sozusagen. Gezeigt habe ich dann ein Doppel-Selbstbildnis. Gefunden habe ich das auf dem Bermendsey Market in London in einem völlig vergilbten Rahmen mit Glas davor. Und ich habe mir erst gedacht, ist das jetzt neu oder nicht, da es richtig erschwinglich war. Und dann habe ich es dann doch gekauft und hab mir gedacht, ja, eigentlich müsste das doch ein Egon Schiele sein. Signatur “ES” steht für Egon Schiele und Punkt 10 für die Jahreszahl eben. Und tja, was ist dann passiert? Ich bin zurück ins Hotel gegangen und stelle fest, nachdem ich es aufgemacht habe, dass es gemalt ist. Wichtig war aber in dem Moment natürlich die Provenienzkette zu schließen. Provenienz kurz zu Erklärung heißt, die Angabe wo das Kunstwerk verkauft worden ist, bei welcher Ausstellung es gezeigt wurde, wer die Vorbesitzer waren. Und wenn diese ganze Kette sich schließen lässt bis zum Schluss, dann ist das schon einmal ein Beweis dafür, dass es ein Original ist. Diese habe ich aber leider nicht mehr erfragen können und somit habe ich die Werke (es waren insgesamt vier Schiele und ein Hodler, der Schweizer Künstler) dann nach Wien mitgenommen, das war noch zu Schilling-Zeiten, und habe dann den wunderbaren ZIB-Moderator Robert Hochner gebeten, dass wir den vermeintlichen Millionenfund aus London in der Zeit im Bild (ZIB) präsentieren. Wir sind damals von zehn Millionen Schilling ausgegangen. Rudolf Leopold hat dann jedoch festgestellt, dass bei all den Werken dasselbe Papier verwendet worden war, somit konnten diese Werke nur eine Fälschung sein.

Ich habe aus der Situation viel mitgenommen, zeige diese vermeintlichen Kunstwerke immer wieder, um so eine Art Aufklärung zu betreiben. Und damit kein Schindluder betrieben werden kann, habe ich meine Firmensignatur darunter gesetzt.

Anders verhält es sich bei den weiteren Bildern, die ich in der Sendung mit hatte, wobei es sich um sehr  bekannte Motive handelt, aber auch diese sind keine Originale. Ich hatte beispielsweise Lady Hamilton mit, ein ganz berühmtes Motiv, das natürlich im Museum hängt. Das zweite Bild ist natürlich ein Spitzweg, das jetzt in München im Museum hinge, wäre es das Original. Das hilft dann schon auch immer, wenn man weiß, wo diese Kunstwerke eigentlich zu sehen sind – dann weiß man gleich, das kann eigentlich nur eine Fälschung oder eine Kopie sein.

Bei der Kopie ist es eben so, dass keine Signatur dabei ist, oder sehr oft dann einfach der Künstler seinen eigenen Namen draufschreibt – und dann bleibt es einfach eine wunderschöne Dekoration.

Mein talentierter Urgroßvater, der mit Hans Makart gemalt hat, hat eine unglaubliche Kopie erstellt (ich habe das riesige Bild zu Hause hängen), wo das Original im Belvedere hängt, nämlich Der Kampf der Walküren.

Ich habe ein paar seiner Werke und ich liebe sie einfach, weil sie eine herrliche Wohnungsgestaltung im Gegenspiel mit der modernen Kunst macht. Mein ehrenwerter Ahne hat auch nie versucht, seine großartigen Kopien als Fälschungen zu verkaufen.

Als kleinen Exkurs zum Abschluss noch folgendes:

Im 20. Jahrhundert kam es zu zahlreichen berühmten Fällen von Kunstfälschungen, die nicht nur die Kunstwelt erschütterten, sondern auch gravierende Auswirkungen auf den Kunstmarkt hatten.

Elmyr de Hory war berüchtigt dafür, Werke großer Künstler wie Picasso, Matisse und Modigliani zu kopieren und diese als Originale zu verkaufen. Seine Geschichte wurde im Dokumentarfilm „F for Fake“ von Orson Welles verewigt und erlangte dadurch weltweite Bekanntheit. Wolfgang Beltracchi hingegen, zusammen mit seiner Frau Helene Beltracchi, gehörte zu den geschicktesten Kunstfälschern seiner Zeit. Das Paar fälschte Gemälde verschiedener Künstler und gab ihnen fiktive Provenienzen, um den Eindruck zu erwecken, sie stammten aus den berühmten Sammlungen. Ein weiterer aufsehenerregender Fall war der „Morrisseau-Fall“. Hierbei handelte es sich um massenhafte Fälschungen von Werken des kanadischen indigenen Künstlers Norval Morrisseau. Eine kriminelle Bande produzierte und verkaufte gefälschte Gemälde unter seinem Namen.

Ein weiteres großes Kapitel in der Geschichte der Kunstfälschungen ist die Affäre um die gefälschten Hitler-Tagebücher. Anfang der 1980er-Jahre behauptete der deutsche Kunstfälscher Konrad Kujau, eine Sammlung persönlicher Tagebücher von Adolf Hitler entdeckt zu haben. Das Magazin *Stern* kaufte die „Tagebücher“ für einen hohen Betrag und begann, Auszüge daraus zu veröffentlichen.  Dieser Vorfall führte zu einem massiven Verlust der Glaubwürdigkeit des Magazins und bleibt eine der größten Fälschungsaffären in der Geschichte des Journalismus.

 

Großartiges Thema – wir werden das zu einem anderen Zeitpunkt nochmal weiter vertiefen. Bleibt gespannt!

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Naturmaterialien

Montag, 14.10.2024, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Möbel und Einrichtungen aus Rattan, Weiden, Bambus und Bast

 

Das Motto zur Sendung:

Der Ästhet – Christian Morgenstern

Wenn ich sitze, will ich nicht

Sitzen, wie mein Sitz-Fleisch möchte,

sondern wie mein Sitz-Geist sich,

säße er, den Stuhl sich flöchte.

Der jedoch bedarf nicht viel,

schätzt am Stuhl allein den Stil,

überläßt den Zweck des Möbels

ohne Grimm der Gier des Pöbels.

 

 

“Das ist ganz nach meinem Geschmack! Heute geht es um Korbmöbel. Du machst mir aber jetzt ein bisschen Angst mit dem Teppichklopfer, den hat meine Oma auch gehabt!”, meinte Norbert als Intro in meinen Sendungsbeitrag.

“Aber meine Großmutter hatte den auch!” kam von mir als Antwort.

“Hatten wir dieselbe Oma,wir zwei?”, dazu Norbert – und schallendes Gelächter.

Aber nun ganz ernst – Korbmöbel sind wieder “en vogue” und haben eine lange und spannende Geschichte zu erzählen.

Die ersten Handwerker waren Korbflechter. Angefangen hat es mit Behältnissen, alles Mögliche wurde transportiert, wie beispielsweise Getreidekörner.Archäologen entdeckten im Nahen Osten Reste eines Korbes, der mit der Wulsttechnik gefertigt wurde und etwa 10.000

Jahre alt ist. Bereits vor rund 9.000 Jahren waren geflochtene Körbe in der Siedlung Çatalhöyük, die mehrere tausend Bewohner hatte, weit verbreitet. Schon im antiken Ägypten kannte man die Technik des „Korbflechtens“, also Flechten von Truhen, Tischen, Sitzgelegenheiten usw. In den Pyramiden gab es sogar Basthocker.

Im Jahr 1857 wurden in einer Höhle in Südspanien Grabbeigaben in Form von Körben gefunden, die etwa 5.000 Jahre alt sind. In neolithischen Pfahlbausiedlungen am Neuenburgersee bei Auvernier entdeckte man ebenfalls Weidenkörbe. Auch die Kelten in Mitteleuropa waren mit dieser uralten Handwerkskunst vertraut.

Ab 1850 entstanden durch Cyrus Wakefield erste kunstvoll gestaltete Möbel, die in England, Amerika aber auch bei uns immer populärer wurden.

Künstlermöbel zu den diversen Stilepochen begannen zu boomen und erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit.

Alles, das sich über Wasserdampf biegen lässt, also Rattan, Weidenzweige, Stroh, Bambus, Gräser  – wird für die Korbmöbel und Einrichtungen verwendet – alles natürlich Naturprodukte.

Norbert ist am Anfang meines Sendungsbeitrags in einem Sessel in der Art des LC2 oder 3 von Le Corbusier gesessen, ein Entwurf der später in den 1930er Jahren aus Stahlrohr und Leder verwirklicht wurde – in jeder Architektenbehausung kann so ein Stück als ästhetisch ansprechender Klassiker Platz haben.

Der zweite Stuhl, den ich präsentierte, hatte etwas Organisches und ist der teuerste Stuhl aus dem Sortiment, designt von Tom Dixon. Kurzer Exkurs zu diesem wichtigen und spannenden Designer, der 1959 in Tunesien geboren wurde, aber mit seiner Familie im Alter von vier Jahren nach Großbritannien zog. Als unkonventioneller Denker in der Designwelt begann er seine Karriere auf ungewöhnliche Weise: Nach dem Abbruch seines Kunststudiums organisierte er Partys und spielte als Bassist in der Band „Funkapolitan“. Mit 25 Jahren entdeckte Dixon das Schweißen und fertigte Möbel und Skulpturen aus gefundenen Materialien an. Zunächst schuf er seine Werke für Clubs, später wurden sie auch in Galerien ausgestellt. Dieses Modell erzielt bei Auktionshäusern bis zu 3500 Euro. Norbert genoss das angenehme Schwingen des Sessels.

Das nächste Möbel war zum Hängen aus Bambus. Hierzu erwähnte ich, dass ich mich für die Sendung ausschließlich auf Möbel und nicht auf Objekte und anderes fokussiert hatte – die Bandbreite der Möglichkeiten mit diesen Naturmaterialien zu arbeiten, ist um einiges weiter und beschränkt sich nicht auf Einrichtung. Bei den Flugzeug Doppeldeckern beispielsweise – da wurden die ersten Flügel aus Rattan gebaut und darüber ein Segeltuch gespannt, nicht viele Leute sind sich dessen bewusst. Oder die Ausstattung des Zeppelins musste vom Gewicht her natürlich reduziert sein- da boten sich Rattan Möbel förmlich an.

Danach blieb Norberts Blick an dem Korbflaschenbehältnis aus geschälter Weide hängen, der einen Chianti beherbergte – die Flasche war aber leider schon leer, es wurde schon gefeiert, stellten wir lachend fest.

Zuerst ist Norbert mein Panama Hut aber gleich darauf der Stetson Style Cowboy Hut ins Auge gestochen, der ihn sogleich an Crocodile Dundee erinnerte. Mit einem Krokodil mussten wir in der Sendung dann aber doch nicht kämpfen.

Zurück zur Technik und zur Wertigkeit – es geht bei den Korbmöbeln um die Verarbeitung, wenn man sich das im Detail bei dem – ich nenne ihn jetzt mal lapidar Emmanuelle Stuhl, er nennt sich aber Peacock oder auch Pfauen Rattan Sessel – ansieht, das ist einfach eine brillante Handarbeit, das muss man können. Ich lernte einmal einen solchen Handwerker kennen, der leider schon verstorben ist. Dieser beherrschte die Kunst des Flechten, selbst Techniken aus der Barockzeit. Diese Art der Kunst ist leider schon ausgestorben, da sie von Generation zu Generation mündlich weitergetragen wurde.

Apropos Emmanuelle – der erste Aufklärungsfilm aus unserer Jugend, Mitte der 1970er Jahre. Die Schauspielerin Sylvia Kristel ist auf so einem Modell gesessen, in derselben Lackierung.

Bei diesem Peacock Sessel sieht man noch Techniken, die einfach sensationell sind  – wunderbare Doppel- und Dreifachflechtungen. Wenn man sich die Sitzfläche ansieht, erinnert sie an das berühmte Wiener Geflecht wie bei den Thonet Kaffeehaussesseln. In Bezug auf die Wertigkeit – man kann dieses Modell nachgebaut kaufen,um circa 500 Euro, die Originale sind dann schon um die 3000 Euro wert.

Diese Möbelstücke werden oft auf den Philippinen gefertigt – über eine Million Menschen sind in der Korbflechterei engagiert und dies ist eine jahrhundertlange Tradition.

Wenn man die Qualität von Nachlassfunden selbst nicht einschätzen kann, einfach an einen Experten wenden.

Und zum Abschluss waren Norbert und ich d’accord: “Schön, dass die Korbmöbel nicht aus der Mode kommen und jetzt lass uns schauen, ob es noch eine zweite Chianti Flasche gibt”.