Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Historische Werkzeuge
Montag, 18.07.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF
Thema diesmal: Werkzeuge mit Geschichte
Ganz á la Method Acting bin ich in der heutigen Sendung in meiner Rolle als Handwerker ganz aufgegangen. Mit Birgit Fenderl habe ich mich diesmal über historisches Werkzeug unterhalten, weniger mit Fokus auf die Wertigkeiten, sondern mehr auf der formschönen Ästhetik dieser kleinen Wunderwerkzeuge mit Geschichte(n).
Das erste großartige Stück war für einen Sattler, das man sich auf die Schulter anlegt, um das Leder zu bearbeiten, um es an den Kanten scharf zu machen, das nennt man das “Endeln”. Hier gehen wir vom Tapezieren eines Möbels aus, aber auch vom Sattel eines Pferdes. Dieses Objekt war aus der Zeit um 1880. Ein wunderbares Dekorationsstück mit voll gegebener Funktion, das man wie das moderne und unschöne Werkzeug nicht wegräumen muss.
Man hat früher nicht so viele Werkzeuge gehabt, sondern wenige, die aber mehrfache Funktionen hatten. Schon alleine die Ausführung dieser Stücke, wie eines simplen Schraubenziehers, mit einem durchgehenden Stagl, wo man am hinteren Ende mit dem Hammer (eingefasst in Leder) ohne weiteres fest draufschlagen kann ohne das Werkzeug an sich kaputt zu machen. Heutzutage mit den Kunststoffgriffen ist dies jedoch nicht zu gewährleisten.
Viele denken, dass das Handwerk nur rein den Männern vorbehalten ist. Meine Partnerin würde dem nun vehement widersprechen. Sie geht lieber in den Baumarkt als auf den Kohlmarkt. Sie bevorzugt es selbst Hand anzulegen, als an einen Mann weiterzugeben. Aber wie war das nun mit dem Frauenanteil im Handwerk?
Nachgewiesenermaßen gab es im Spätmittelalter Frauenzünfte beziehungsweise auch gemischte Zünfte. Leider hat man heute noch oft die Assoziation, dass das Handwerk eine reine Männerdomäne sei, dies ist jedoch nicht einmal annähernd ein Abbild der Wirklichkeit. Zwar gab es leider über Jahrhunderte hinweg eine gewisse Stagnation in den Gleichberechtigungsbestrebungen aber durch verschiedene Faktoren, wie beispielsweise Fachkräftemangel, wird der weibliche Anteil im Bereich Handwerk immer mehr steigen.
Eine Quetschmaschine hatte ich auch mitgebracht, die wie eine Art Hefter funktioniert. Zum Beispiel kann man damit zwei organische Stoffe, die getrennt sind, “zusammenquetschen”, ohne kleben zu müssen.
Die Schere war handgeschmiedet, kann immer wieder auseinander genommen und geschärft werden, ein absoluter Garant für Nachhaltigkeit, oder auch “modernes Recycling” wie mein Vater gesagt hätte.
Nichts ist eleganter als dieses Objekt, das englische Maßband aus dem 19. Jahrhundert von einer Wiener Firma (auf einer Seite das englische Maß auf der anderen Seite das europäische Maß) auf einem schönen alten Schreibtisch als Briefbeschwerer liegen zu haben. In einem guten Zustand,140 Jahre alt, geendelt, bringt das sicher auf einem Flohmarkt in Brighton über 100 Pfund ein.
Wer wird schwach, wenn ich “Metabo” erwähne – ich hatte diese großartige Messerschleifmaschine dieser begehrten Marke auch in der Sendung mit, ein wahres Sammlerobjekt. Der “Heimschleifer” in dieser Variante, früher gab es ja auch den Messerschleifer, der zu einem Nachhause kam.
Mit war auch das Zunftzeichen für die Tischler:innen, eine Hobel, in dem Fall zum Kantenhobeln, nicht nur Flächen, speziell um Sesselleisten zu machen.
Dazu passend zum Anhören:
Paul Hörbiger – Das Hobellied – 1936
“Also, da legen wir den Hobel an und sagen – aber nur für heute – Adieu!” so beendete Birgit meinen Sendungsbeitrag. Auf bald!