Beiträge

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Stehleuchter

Montag, 04.03.2024, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Stehlampen mit Geschichte 

“Sie machen ein schönes Licht, ein gemütliches Licht, sie eignen sich als indirekte Beleuchtung – ich liebe Stehlampen (…). Großartige Exemplare, wie wäre es anders, wenn Du kommst, jetzt müssen wir aber erst über diese sprechen, denn die ist so unglaublich riesig!”, so lautete Birgits charmante Intro in meinen Sendungsbeitrag.

Damit meinte Birgit die Riesenlampe basierend auf dem Originalentwurf von Designer George Carwardine aus 1932 die Herbert Terry Anglepoise-Lampe. Die kleine Version ist eine sofort erkennbare Schreibtischlampe, die ursprünglich von der Anatomie des menschlichen Arms inspiriert wurde. In den 2000er Jahren hat man in England die oben erwähnte Tischlampe im Stehlampenformat produziert und somit zählt dieses Modell zu den größten Stehlampen der Welt. Sie liegt in Bezug auf Wertigkeit bei ca. 2500 Euro.

Im Zeitraffer ein kurzer geschichtlicher Einblick: die Geschichte der Leuchten und Lampen ist eine Reise von der antiken, rudimentären Beleuchtung bis hin zu modernen, anspruchsvollen Beleuchtungslösungen. Frühe Menschen nutzten offene Flammen wie Fackeln und später Öllampen als Licht. Während mit Kandelaber heute oft ein verzweigter Kerzenhalter gemeint ist, wurde der Begriff auch zur Beschreibung einer Vielzahl von Beleuchtungsgeräten verwendet. Ein Kandelaber kann ein hoher Ständer sein, der eine Lampe trägt. Der römische Kandelaber kann aus einem Stiel oder Rohr bestehen, dessen oberer Teil mit einer vorspringenden Struktur versehen ist, um oben Lichter zu tragen, und einem Sockel, der auf drei Löwen- oder Greiffüßen ruht. Das Aufkommen von Kerzen in alten Zivilisationen sorgte für eine tragbare Lichtquelle.  Im 19. Jahrhundert brachten Gaslampen eine neue Beleuchtungsmöglichkeit in städtische Gebiete. Die Erfindung der Glühbirne durch Thomas Edison Ende des 19. Jahrhunderts markierte einen Wendepunkt und ebnete den Weg für eine weit verbreitete elektrische Beleuchtung. Im 20. Jahrhundert entstanden verschiedene Lampendesigns, von ikonischen Stehlampen wie der Arco-Lampe bis hin zu Tischlampen im Stil des Art Déco und der Moderne der Mitte des Jahrhunderts. Fortschritte in der LED-Technologie im 21. Jahrhundert haben die Beleuchtung weiter revolutioniert und bieten energieeffiziente und vielseitige Optionen für zeitgenössisches Design. Unter allen Innenleuchten kommt der Stehleuchte eine besondere Rolle zu, weil sie frei im Raum platziert wird und uns mit ihrer Größe quasi auf Augenhöhe begegnet. Entsprechend kann man sie als skulpturales Objekt verstehen.

Die Geschichte der Stehleuchte lässt sich bis ins späte 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Die frühesten Stehlampen wurden wahrscheinlich von Kerzenständern und Fackeln inspiriert. Diese frühen Versionen verfügten über eine hohe, schlanke Struktur, um die Lichtquelle anzuheben.

1880 machte Thomas Alva Edison das Licht mithilfe eines Glühfadens aus japanischem Bambus kommerziell und für jeden zugänglich. Seine Glühbirne hielt damals bereits 1200 ganze Stunden an.

Das nächste Möbel mit Geschichte war eine Bundy & Bundy Lampe, ein Josef Frank Entwurf aus den 1930er Jahren und stand neben der allerersten Einrichtung im Friseursalon der legendären Bundy Brüder in der Praterstraße. Diese Stehlampe liegt bei einer Wertigkeit von 1800 – 2000 Euro.

Das nächste großartige Stück, das ich in der Sendung vorstellte war eine Jielde Industrieleuchte. Diese war generell nicht nicht zu kaufen, eine Industrie Chic Lampe, die man nur in Werkstätten vorfand. Wir haben viele in Südfrankreich angekauft und waren teilweise mitverantwortlich für den Boom, der eine kommerzielle Neuauflegung zur Folge hatte. Die mitgebrachte Stehlampe ist allerdings ein Original und um die 1500 Euro wert.

Die Leuchte Chimera ist eine originelle Leuchte, die in den 1970er Jahren von Vico Magistretti entworfen wurde. Vico Magistretti (1920 – 2006) war einer der einflussreichsten italienischen Designmeister, der in seinem Werk alle Aspekte des Lebens erforscht hat: von der Architektur von Gebäuden über alle Arten von Interieur bis hin zu Möbeln und Produkten, die legendär geworden sind. Wolken als Vorbild macht die Chimera zum dimmbaren Stimmungsmacher. Wertigkeit bei diesem Vintage Stück liegt bei circa 2000 Euro.

Die Kalmar Lampe mit Original Schirm Josef Frank Stoff liegt bei einer Wertigkeit um die 2200 Euro.

Die seltene Sputnik-Lampe aus der Space Age Zeit ist ein echter Designklassiker aus den 60er/70er Jahren ist ein Original und hat einen Wert von circa 1000 Euro.

Die Carl Auböck Stehlampe, die man gerade oder wie hier schräg stellen kann, mit Bambus Ständer, ist ein absoluter Hingucker (Wertigkeit 2000 Euro).

Die Ausstellung ICONIC AUBÖCK, im MAK, die im Mai eröffnet und bis Oktober laufen wird,  konzentriert sich auf die stilprägende Ära der Zwischen- und Nachkriegszeit bis in die experimentellen 1980er Jahre. Carl Auböck (1900–1957) brachte – inspiriert vom Bauhaus – lokale und internationale Bewegungen zusammen und prägte das charakteristische Auböck-Design, vom Briefbeschwerer bis zum Baumtisch oder Lampenentwurf.

Eine weitere Kalmar Lampe mit einem der 68 verschiedenen Josef Frank Stoffe als Lampenschirm war ein Modell aus den 1950ern und wird von mir scherzeshalber als Hasenfuß bezeichnet.

 

Das vorletzte Stück mit Geschichte war eine typische Stehlampe aus den 1960er Jahren, versehen mit Brauseschläuchen, die man in alle Richtungen bewegen kann. Großartige Stehlampe.

Die letzte Lampe, die ich vorstellte, war ein wahres Filmrequisit ein echter Kosak Prototyp, aus Profilstahl, der im letztgedrehten Tatort vorkommt. Nicht nur Lampe, sondern auch Skulptur.

All diese ikonischen Stehlampen präsentieren eine Reihe von Designansätzen, von 1930 über die moderne Eleganz der Mitte des Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischem Minimalismus, die alle einen unauslöschlichen Eindruck in der Geschichte der Innenbeleuchtung hinterlassen. Ihre anhaltende Beliebtheit beweist die zeitlose Anziehungskraft gut verarbeiteter und innovativer Stehlampendesigns.

“Was ist nun dein Lieblingsstück?”, fragte mich Birgit zum Abschluss – meine Antwort ließ nicht lange auf sich warten: “Natürlich die Bundy & Bundy Stehlampe, weil Josef Frank einfach mein stiller Held ist!”.

 

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Vivienne Westwood

Montag, 28.11.2023, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Vintage und Second Hand

Ich habe diesmal das Studio2 Set zu einem kleinen Vintage-Laden umfunktioniert und von meiner Südfrankreich Reise erzählt. Drei bis vier Mal im Jahr mache ich solche Einkaufstouren, um den Kopf freizumachen, auf der Jagd nach Möbel und Objekten mit Geschichte – und diesmal bin ich über einige spannende Vintage Kleidungsstücke gestolpert.

Also, es war so, ich stehe in einem Second Hand Geschäft für Allerlei Altwaren und finde dort tatsächlich ungetragene Kleidungsstücke von keiner Geringeren als der Modeikone Vivienne Westwood – in der Sendung hatte ich diese besondere Kombi, wo das Gelee gleich im Jacket inkludiert war, an, und auch den Mantel und die herrliche Fischerhose mit, präsentiert auf Vintage Schaufensterpuppen. So ein Outfit fördert einfach herrlich den Individualismus. Hier könnt ihr euch ein Bild davon machen.

Die Grande Dame der Mode, die ja leider vor einem Jahr verstorben ist, war eng mit Österreich verbunden. Von 1989 bis 2005 unterrichtete sie die sogenannte Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst in Wien.  Dort lernte sie den Studenten Andreas Kronthaler kennen und heiratete ihn 1992.

Eine großartige Menschenrecht- und Umweltaktivistin war sie auch darüber hinaus. Die Modedesignerin Westwood hat schon bevor es “en vogue” war zu einem nachhaltigeren Modekonsum aufgerufen: “Kauft weniger, sucht es sorgfältig aus, lasst es beständig sein” und “Was gut für die Erde ist, ist gut für die Wirtschaft”, waren die Credos der Ikone.

Wieviel Kleidung muss wirklich neu gekauft sein oder sollte nicht Vintage Fashion mehrere Chancen bekommen und somit die Umwelt geschont werden?

Eines meiner mitgebrachten Lieblingsstücke war, von der nicht mehr existenten, Marke Fred Adlmüller, die Kleider waren immer mit einem Etikett mit dem wunderschönen Schriftzug versehen. Ohne Adlmüller war die Opernball Eröffnung undenkbar. Fred Adlmüller leitete die Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst von 1973 bis 1979, 10 Jahre vor Vivienne Westwood. Seine Damenmode, die unter anderem von in- und ausländischen weiblichen Stars getragen wurde, wird als Haute Couture in femininem klassischen Stil beschrieben, er zeichnete sich aber auch für die Staatsfräcke der Bundespräsidenten der Zweiten Republik verantwortlich. In den 1950er Jahren kreierte er das Parfum “Eau de Vienne”.

Natürlich gibt es Sammler:innen für Vintage Stücke, welche die Prominenz getragen hat, wie beispielsweise eine bestimmte Jacke von Elvis Presley oder eine sensationell ausgefallene Krawatte von Elton John oder Sissis (Kaiserin Elisabeths) Handschuhe aus einer bestimmten Zeit.

Aus meinem Geburtsjahr hatte ich eine Skijacke mit, welche Teil der Ausstattung der österreichischen Damen Nationalmannschaft 1964 bei der Olympiade in Innsbruck war – diese kann man nirgendwo kaufen, sondern nur am Second Hand Markt erstehen, wenn man Glück hat. Da sind wir bei einem Wert von knapp 1000 Euro.

Zum Wert von Vintage Kleidung generell ist zu sagen: Die Kleider können gelebt sein, beispielsweise aus dem 1970er Kolorit im Style der ABBA Waterloo Song Contest Outfits oder 1980er Versace Style, aber auch simple Stücke mit weniger pompösen Begleiterscheinungen haben es vor allem der Jugend heutzutage angetan.

Arbeitsbedingungen und zu einem fairen Lohn produziert, wobei kein Tier zu Leid käme und die Umwelt weder durch die Herstellung noch durch die später entstandenen Produkte zu Schaden käme, wären das Optimum. Da dies leider noch nicht der Fall ist, ist es mein Appell sich mehrfach zu überlegen, ob man ein neues Kleidungsstück á la Massenware kauft, sich ein Vintage Stück holt oder eventuell in eine nachhaltige Marke investiert (meist kleine, feine aber doch teure Labels).

Die traurigen Hard Facts hierzu: Jährlich werden weltweit 150 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt. 150 Milliarden! Die Textilindustrie verursacht über 10% der weltweiten CO2-Emissionen. Mehr als 50% aller Textilfasern bestehen aus Polyester – Polyester besteht aus Öl. Nur 1% der gesamten Baumwolle wird biologisch angebaut – und zu guter Letzt: ein T-Shirt benötigt für seine Produktion ungefähr 1.400 Liter Wasser. Unfassbar, oder?

Der Textilsektor war im Jahr 2020 die drittgrößte Quelle für Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch. In diesem Jahr wurden im Durchschnitt neun Kubikmeter Wasser, 400 Quadratmeter Land und 391 Kilogramm Rohstoffe benötigt, um Kleidung und Schuhe für jeden EU-Bürger herzustellen. Wer glaubt, Containerschiffe seien eine klimafreundliche Transportalternative, der liegt falsch. Täglich stoßen die Hochseeschiffe tonnenweise Schadstoffe aus und verschmutzen unsere Luft schwer.

Aber die gute Nachrichten: Überall schießen (auch leistbare) Vintage Läden wie Schwammerl aus dem Boden und wie vorher schon erwähnt sind vor allem gerade die jungen Leute total fasziniert davon, sei es aus Modeaspekten oder weil die Nachhaltigkeit und das Umweltbewusstsein im Vordergrund stehen. Klar ist, es fördert den Individualismus und gibt den Menschen abseits des Mainstream Shoppings eine persönliche Note.

MUST SEE: Es läuft eine großartige Ausstellung im MAK zu dem Thema namens CRITICAL CONSUMPTION. Es sollte noch viel mehr in diese Richtung geschehen.

Zum Abschluss noch zwei Buchtipps:

Nunu KallerKauf mich! Auf der Such nach dem guten Konsum.

&

Petra Rivoli, Reisebericht eines T-Shirts

Ein Alltagsprodukt erklärt die Weltwirtschaft

Vielleicht als Weihnachtsgeschenk anzudenken oder gleich ein Vintage-Stück vom Flohmarkt, sei es ein Kleidungsstück oder ein Objekt mit Geschichte.

Vielen Dank an die Leigeberin Bettina Gaber von Kunst19 by BG!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Historische Gartenmöbel

Montag, 30.05.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Gartensessel mit Geschichte

Sitzen im Grünen – im dicht bebauten Stadtgebiet hat natürlich, vor allem in Zeiten des Klimawandels und unerträglichen Hitzeperioden, besondere Bedeutung für Lebensqualität. Der Blick ins Grüne lässt die Menschen entspannen, die positive Wirkung von Pflanzen führen zu einer Steigerung des Wohlbefindens, zu einer Reduktion von Stress, Angst, Depression und zu einer Verbesserung der Konzentration, so wie der geistigen Aufnahmefähigkeit. Grüne Oasen im öffentlichen Freiraum waren und sind unverzichtbar. Die passenden Sitzmöbel sind ein absolutes MUSS für die Gewährleistung dieses urbanen Genusses. 

“Wir haben mit unserem Experten Christof Stein Platz genommen auf Sitzgelegenheiten des öffentlichen Raumes anno dazumal.” meinte Verena als Einstieg in meinen Sendungsbeitrag über historische Gartensessel. “Die kannst uns öfter mitbringen!” hat dann Norbert schmunzelnd hinzugefügt. 

 

Trotz historischem Background oder besser gesagt: der metallenen Sitzfläche sitzt man doch sehr bequem auf einigen dieser Möbelstücke mit Geschichte. Der Eisenklappsessel aus circa 1800 war das älteste Modell und ausgestattet mit einem Eisendraht, der so gewebt war, dass, wenn man ihn zusammenklappt, sich der Draht so richtig schön ein- und entfädelt hatte. Dieses Fundstück lässt sich jetzt nicht direkt verorten, in Hinblick auf einen bestimmten Stadtgarten aber beispielsweise der Augarten, der älteste Garten, der öffentlich zugänglich gemacht wurde im Jahr 1775 (errichtet wurde er schon 1650), hätte auch so ein öffentliches Möbel beherbergt. (1766 wurde er Prater öffentlich zugänglich gemacht, allerdings galt dieser nicht als kleiner Stadtgarten oder Stadtpark, durch die weitläufigen Jagdgründe).

 

Der nächste Park, der öffentlich zugänglich gemacht wurde, war dann der Stadtpark, der durch die Schleifung der Stadtmauer und dem Bau der Ringstraße entstand. Die offizielle Eröffnung war 1862 unter dem Motto: „freundlicher Ziergarten mit schönen Sträuchern, freien Durchsichten, verschlungenen Wegen und Blumenpflanzungen“.

Da sagt man ja, da hat es die “Lästerallee” gegeben, wo die schärfsten Zungen gesessen sind und die vorbeispazierende Gesellschaft mit Kommentaren versehen hat. Bis Ende der 1950er Jahre waren in den Parks der Stadt Wien Sesselfrauen (umgangssprachlich: Sesselweiber) tätig. Sie vermieteten an Parkbesucher Sessel. In einer Rathauskorrespondenz vom 3.7.1956 wird sogar kritisiert, dass durch die Abschaffung der Sesselfrauen nun ein Mangel an Sitzplätzen entstanden sei. Das Stadtgartenamt hat daraufhin Sessel für den Stadtpark (und den Rathauspark) bestellt.

 

Einige dieser historischen Sessel für den öffentlichen Bereich waren einklappbar, um sie leichter wegräumen zu können und verfügten natürlich auch über einen kreativen Diebstahlschutz – durch einen Metallkreis am Sesselfuß wurde eine Stange gezogen. 

Heutzutage gibt es dann sogar Loungemöbel, die zum Verweilen einladen – wie im Museumsquartier die berühmten Enzis (ursprünglich aus Hartgummi gemacht). Jedes Jahr wird im demokratischen Verfahren eine neue Farbe bestimmt – bei den Versteigerungen von den Original Enzis aus der ersten Serie wurden bis zu 6000 Euros erzielt.

 

Der teuerste Sessel, den ich mitgebracht hatte, war für das Sanatorium Purkersdorf von Josef Hoffmann entworfen worden. Als das Sanatorium saniert wurde, Denkmalschutz war nicht so gegeben und das Bewusstsein für diese wunderbaren Jugendstil Sessel war leider auch nicht vorhanden, gab es gottseidank es ein paar wenige Personen, die in weiser Voraussicht diese grandiosen Stücke aus den Müllcontainern gerettet haben. Der Sessel, den ich mit hatte, war natürlich schon restauriert, sonst hätte man ihn so gar nicht verwenden können und liegt bei einer Wertigkeit von 2000 Euro als Einzelsessel. Grandios, nicht wahr? Dieser wurde eben auch speziell nur für das Sanatorium gefertigt und ist somit eine Rarität (vor allem weil so viele davon einfach entsorgt wurden).

 

Die Sitzmöbel, typische Gartensessel, die wir auch von den Großeltern noch kennen, die so genannten “Spaghettisessel” (die sprichwörtliche Form gibt den italienisch inspirierten Namen vor) boomen ja im Moment. Sie stammen aus der Zeit des Lilienporzellans in den wunderschönen pastelligen Farben, stapelbar oder klappbar, und diese sind eben wie gerade erwähnt absolut wieder in. Die neue Generation steht ja unglaublich auf Nachhaltigkeit und die Rückkehr zum Analogen sowie das Interesse an Vintagemöbel und Nostalgieobjekten floriert. Ich finde das großartig, dass sich dieses Bewusstsein wieder entwickelt. 

Wer sammelt solche Möbel, fragte mich Verena zum Abschluss – also auf jeden Fall viele Museen, wie das MAK oder das Hofmobiliendepot oder eben auch private Sammler:innen. Diese Sesselsammlung kam aus einem legendären Filmrequisitenfundus. 

 

Danke an dieser Stelle an Paul.

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Möbel und Objekte mit Geschichte – Garderoben

Montag, 31.1.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Garderoben

Wenn man wo hereinspaziert findet man meist eine Garderobe, sei es ein Lokal, eine Kulturinstitution oder der Vorraum einer Wohnung. Dies gewährt einen ersten Eindruck was man vorfinden wird. 

“Ist sich gerade noch ausgegangen!” – mit diesen Worten habe ich meinen Mantel auf dem Wiener Konzerthaus Garderobenständer aufgehängt und Birgit Fenderl begrüsst.

Die Garderobenständer wurden, als das Haus renoviert werden musste, nicht alle wieder verbaut und kamen somit auf den Vintage Design Markt (oder auch Altwarenmarkt). Entworfen wurde diese spezielle Garderobe von Helmer & Fellerer, dem genialen Opern- und Theaterarchitektenbüro.

Screenshot meiner Pünktlichkeit dank NORMALZEIT!

Ein weiteres Prachtstück, oder Möbel mit Geschichte, war der Garderobenständer aus der Wiener Stadthalle von dem legendären österreichischen Architekten Roland Rainer. Damals 2002 wurde mir auf einem Fest zugetragen, dass diese wunderbaren Zeitzeugen und Kulturstücke zwei Tage später verschrottet werden sollten – und dies zum Kilopreis des Eisenhändlers. Die Rainer Garderobenständer aus 1956 aus der Wiener Stadthalle – ich dachte mir damals nur: “Das kann doch nicht sein, das kann man doch nicht einfach machen!”

An besagtem Tag hatten wir zwei Stunden Zeit und schafften es sechzig Stück zu retten, der Rest wurde zu meinem Leidwesen vor meinen Augen eingestampft. Vier LKWs haben wir jedoch vollgeräumt und abtransportiert. 

Wenn man sich überlegt, dass ein Rainer Garderobenständer ein paar Monate später 4500 Pfund bei Sotheby’s in London eingebracht hat, dann kann man es kaum fassen.

Die internationale Presse war damals schockiert und hat sich gefragt “Was macht Österreich mit seinen Kulturgütern nach dem Jugendstil!”. Das muss man sich vorstellen –  eine Nation, die Jugendstil und Biedermeier erfunden hat, geht so mit ihrem kulturellen Erbe um. 

Aber was bedeutet nun die Bezeichnung “Garderobe” überhaupt? Der Begriff kommt aus dem Französischen, wobei garder bewachen auf Deutsch übersetzt heißt und robe Kleidung, ergo bewachte Kleidung. 

Was uns zu den Damen bringt, die jene Kleidung bewacht haben. Schon Ephraim Kishon, der berühmte israelische Satiriker ungarischer Herkunft hat über die Wiener Garderobieren oder “Garderobenhexen” geschrieben, die auf den nichtsahnenden Besucher losstürmten um den Mantel zu entreißen.

Als nächstes Objekt mit Geschichte präsentierte ich einen noch unrestaurierten Kleiderständer aus den Steinhofgründen um 1910 von Josef Hoffmann (nicht verpassen, im MAK gibt es gerade eine sehr interessante Übersichtsausstellung zu besichtigen). Wenn dieser dann auf shabby chic hergerichtet ist, wird er um die 4000 Euro wert sein. 

Ich versuche immer mein Umfeld zu motivieren rechtzeitig Bescheid zu geben, wenn es um die potenzielle Rettung österreichischer Kulturgüter geht, einfach um eine gewisse Wertschätzung und “Awareness” für diese Stücke wiederzubeleben. In dem Fall war es eine Projektleiterin, die mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass etwas Neues dort entsteht – die Gesiba und die Soros Universität sollen dort einziehen – und hat mich dazu animiert diese Kleiderständer vor einem unrühmlichen Schicksal zu bewahren.

Das nächste Objekt war ein gutes altes Kaffeehausstück von Thonet, ein Eckkleiderständer, kein Wandkleiderständer – der dort Verwendung findet, wo wenig Platz ist, in einem kleinen Kaffeehaus. Birgit hat mich dann gefragt, wie man eigentlich ein echtes Stück erkennt. In dem Fall erkennt man ein echtes Stück am Bugholz, also nicht schichtverleimt, an der Linsenkopfschraube (und eben keine Kreuzschlitzschraube). Man merkt es, wenn man mit den Händen drüber fährt – und natürlich gibt die Etikette “Thonet” den Ursprung preis und gilt als Qualitätszertifikat.

Der aus dem Historismus stammende gußeiserne Kleiderständer (wie im Cafe Sperl, nur dort sind sie schwarz) war einer meiner Lieblingsmodelle, weil es das wunderbare alte Wien repräsentiert. Diese Kleiderständer werden immer wieder neu aufgelegt, immer noch von der selben Firma und sind demnach keine Fälschungen. 

Dieses Stück, wie es da stand, wäre um die 1000 bis 1200 Euro wert.

Das “Monster” wie es Birgit mit einem Schmunzeln auf den Lippen nannte, welches sie an ein Filmset vom Mundl Sackbauer erinnerte war ein praktisch zusammenklappbarer 1970er Jahre Kleiderständer aus hellem Kunststoff. Diesen konnte man auf klein zusammenklappen  – selbst den Schirmständer.

Von der Wertigkeit her liegt dieser bei günstigen 400 Euro, in der typischen knallorangen 70er Pop Art Version steigt der Wert auf 600 bis 700. Was für ein Zeitkolorit!

Einige Zeit lang werden wir ja noch Mäntel brauchen, ergo bleibt die Garderobe integraler Bestandteil unseres (gesellschaftlichen) Lebens und auch in den warmen Monaten hält sie gerne Taschen, Hüte und Westen.

Dank an Paul den Kunstsammler!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Der Satztisch

Montag, 29.3.2021, ab 17:30, 

Studio2//ORF

Thema diesmal: Aus eins mach vier – der Satztisch.

Der Satztisch hat schon alle Stilepochen begleitet und kaum ein Designer hat sich von der Faszination des platzsparenden Tisches (wenn nicht in Funktion) bezaubern lassen.

Woher kommt der Name – man munkelt, dass er über die Seidenstrasse von China nach Europa ging – und auch Halt in England machte, wo man ihn  “set of tea tables” nannte, ergo der Satztisch. Dort haben dann die Ladies den 5 o’clock Tea auf den Satztischen kredenzt und sich über ihre Befindlichkeiten ausgetauscht. 

In die Wiener Kaffeehäuser hat diese Stilrevolution dann auch Einzug gehalten. Der Kellner hat dann der Bridge oder Tarock spielenden Gesellschaft die Satztische an die Kanten des Spieltischesgestellt, um dort die Getränke platzieren zu können. 

Kaiserin Maria Theresia legte ihre Patiencen auf, Ludwig XIV verwahrte seine Duftwässerchen darauf und man munkelt, dass Joseph Haydn seine Notenblätter darauf trocknen ließ .

Die verwendeten Materialien sind vielfältig: von Bugholz zu edlen Hölzern, von Bakelit zu Plexiglas, von Kunstoff zu Stahlrohr.

Bis zum heutigen Tag befassen sich Produzenten/Designer damit.

Folgendes hatte ich mitgebracht: ein Stilmöbel im nachgemachten Barock (Wert ca. 150 Euro), den berühmten, musealen Josef Hoffmann Satztisch zum Hoffmann Jahr (klassischer Wiener puristischer Jugendstil, Wert circa 4000-6000 Euro), ein schlichtes 1930er Bauhaus Set in Nussholz und Marmorglas (gemacht für die Werkbundsiedlung/Plan Josef Frank https://www.werkbundsiedlung-wien.at/) und einen chinesischen Lacktisch Satz aus den 1920/30er Jahren mit japanischem Motiv (Wert circa 700 Euro).

Im Dezember 2021 gibt es übrigens eine Hoffmann Ausstellung im MAK anlässlich des Hoffmann Jahres 2020 (durch die Coronakrise hat sich diese verschoben), nähere Informationen: https://www.mak.at/programm/ausstellungen/josef_hoffmann_fortschritt_durch_schoenheit

Junge Leute haben heute vielleicht keine Esstisch mehr aus Platzgründen aber dafür einen Satztisch, der bei Besuch dann auf 4 Tische ausgedehnt wird. Es ist ein Möbel das total im Kommen ist – sowohl Vintage als auch neues Design. 

Motto: Jedem/jeder seinen/ihren Tisch in der Familie!