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Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Licht

Montag, 21.03.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Historische Lampen

“Es sind schon recht düstere Zeiten momentan, die wir durchleben – da kann ein wenig Licht nicht schaden!” – so lautete Norbert Oberhausers Intro. Ich hatte legendäre Lampen, Objekte mit Geschichte (auch verwoben mit meiner eigenen persönlichen Geschichte) mit.

Fun Fact: Der Fund eines Steins mit flach gewölbter Oberfläche und einer Brandspur (aus Edertal-Buhlen) aus dem Mittelpaläolithikum gilt weltweit als der älteste Fund einer Lampe. Prinzipiell kommt also die Idee der Beleuchtung aus der Steinzeit, aber ich habe die Sendung mit der Erfindung der Glühbirne 1879 begonnen. 1880 machte dann Thomas Alva Edison das Licht mithilfe eines Glühfadens aus japanischem Bambus kommerziell und für jeden zugänglich. Er war jedoch nicht der Einzige, der sich damals mit der Nutzbarkeit von elektrischem Licht auseinandergesetzt hat, er war jedoch derjenige der aufbauend auf den Untersuchungen seiner Vorgänger die Kommerzialisierung seiner Erfindung erfolgreich umsetzen konnte.

Die erste Lampe aus dem Jahr 1962 habe ich auf dem Grazer „Fetzenmarkt“ erstanden. Sie stand dort auf einem Tisch und als ich den Händler gefragt habe was sie kostet, kam die Antwort “200 Schilling”, was wirklich wenig war für dieses Designobjekt. Nach Vertiefung des Gesprächs hat sich dann herausgestellt, dass der Verkäufer noch ungefähr weitere 200 Stück in Wien hatte. Der geringe Preis war der Tatsache geschuldet, dass es sich um einen Produktionsfehler handelte. Die Lampen hätten in Europa unter dem Namen „Panasonic“ und nicht „National“ vertrieben werden sollen.  

Wir haben dann damals von der Stadt Wien eine riesige Plakatwand zur Verfügung gestellt bekommen und einen Kulissenmaler beauftragt den Weltraum auf diese Wand zu malen. Daraufhin haben wir dann die Lampen montiert und zum Sonnenuntergang die Wand damit erleuchtet – wir hatten wirklich viel Spaß mit diesem sogenannten “Produktionsfehler”.

Funktionstüchtig ist sie auf jeden Fall noch, doch sie benötigt eine Neonröhre, die ja jetzt schwer zu bekommen ist (neben der Stromersparnis haben LED-Röhren halt auch viele Vorteile gegenüber der klassischen Neonröhre.)

Bei der zweiten Lampe meinte Norbert, dass er sie aus Filmen über die Wallstreet kenne – und da hatte er Recht! Sie war zumeist in Wallstreet Chefetagen zu sehen und war mit 1909 die älteste Lampe, die ich mithatte. Die Tischlampe “Bankers Lamp”, welche noch immer so qualitativ hochwertig nachgebaut wird wie damals. Der Lampenschirm wird in Handarbeit hergestellt und besteht aus 3-schichtigem mehrfarbigem Überfang-Glas. Außen eine Schicht aus smaragdgrünem Glas, in der Mitte aus klarem Glas und innen eine Schicht aus weißem Glas. Durch diesen Herstellungsprozess ist die Farbgebung jeder Tischlampe leicht unterschiedlich, sodass jede Leuchte ein echtes Unikat ist. Diese Lampe im Art Deco Stil – wie das Chrysler Building – einfach eine richtig amerikanische Bürolampe!

Die dritte Lampe hat Norbert am besten gefallen. Diese wurde von Wilhelm Wagenfeld, einem Bauhausschüler, entworfen und ist die berühmteste Tisch- und Kommodenlampe, die auch in jedem Designmuseum vorkommt und als absoluter Klassiker gilt. Im Original bei einer Auktion aus der Zeit (die Lampe wird ja heute noch hergestellt) kann sie schon ein Ergebnis zwischen 10.000 und 12.000 Euro bringen.

Das nächste Objekt mit Geschichte war ein Sistra Leuchter, 1933 entworfen, mit flaschengrünem Schirm. Diese Lampe bedeutet mir besonders viel, weil sie mal Kiki Kogelnik, Österreichs einzigem Pop Art Export, gehörte und auf ihrem Schreibtisch stand. Ich war damals bei der Auflösung ihrer Wiener Wohnung in der Wollzeile dabei und habe mir diese Lampe als Souvenir behalten, weil ich ein totaler Kogelnik Fan bin.

Die nächste Lampe, die ich vorstellte, wäre allen Kinofans bekannt, die das Pixar Logo kennen, meinte Norbert.

1932 patentierte George Carwardine, ein Automobilingenieur, der mit Aufhängungen arbeitete, eine neue Art von Schraubenfeder. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Federn konnte sich diese ohne Beschädigung ausdehnen, zusammenziehen und in einer festen Position bleiben. Inspiriert von der menschlichen Armbeuge und dem Mechanismus, der hinter Anspannen, Entspannen steht. Für Architekten war die Lampe ein absolutes Muss, aber auch in Werkstätten, eben für alle die Feinarbeiten leisten.

Von 1931-1934 produzierte Carwardine die Lampe zunächst selbst in Bath, mit dem Namen Cardine Accessories Ltd, Diese gilt als die seltenste aller Anglepoises (so lautet der Name der Lampe). Später lizenzierte er das Design an Herbert Terry & Sons, einen Hersteller mit Sitz in Redditch, der perfekt für die Herstellung der Lampe geeignet war, da er bereits Federn an Carwardines Fabrik lieferte. Das Design wurde leicht angepasst und verbessert und in 1208 umbenannt.

Alles was später an Büro- und Arbeitsleuchten kam, war inspiriert von diesem Modell. Schön zu sehen auch die Patentnummer und Erzeugung auf der Lampe: “Made in England by Herbert Terry & Sons LTD Redditch”. Die Lampe war der Zeitgenossen von illustren Entwürfen wie der „Bestlite“ von Robert Dudley Best oder der Naska Loris“-Leuchte von Fontana Arte oder des Klassikers „Luxo L-1“ des norwegischen Designers Jac Jacobsen (diese ist die wirkliche Inspiration für die Pixar Logo Lampe).

Last but not least, die größte Lampe zum Schluss. Norbert meinte sie sähe wie eine klassische, aber überdimensionale Glühbirne aus. Dieses Objekt mit Geschichte war einer der Prototypen von Ingo Maurers Lampe BULB (die Lampe wird heute noch erzeugt), die 1966 in Wien präsentiert wurde. Mein Vater hat damals den Schauraum für ihn entworfen und als persönliches Geschenk hat er dann einen der Prototypen bekommen. Heute sind diese um die Hälfte leichter – damals wurde nämlich Opalinglas und Messing vernickelt verwendet. Um die 4000-5000 Euro würde dieses bestimmte Stück bei einer Auktion bringen, allerdings würde ich meine nie verkaufen, schon allein aus nostalgischen Gründen nicht. 

Norbert fragte noch am Ende, welche Lampe nun die wertvollste wäre – Carwardines Prototyp in schwarz steht im Londoner Designmuseum und ist wie die Mona Lisa einfach nicht bewertbar, so unermesslich wertvoll ist sie.

Zum Abschluss hat Verena beim Übergang zum nächsten Sendungsbeitrag noch kokett gemeint, dass es nun um den “gutaussehende, charmante, höfliche, knallharte, konsequent und immer siegreich über das Böse” nicht Norbert, sondern Christof Stein gehen würde, aber nein es handelte sich dann doch um James Bond, den bekanntesten Geheimagenten … 😉

VORHANG ZU – LICHT AUS!

Studio 2 – Experte Christof Stein spricht über: Puppentheater 

Montag, 28.02.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORF

Thema diesmal: Kasperl & Co.

Als ich mich mit dem aktuellen Sendungsthema “Puppenfiguren und Kasperl”  beschäftigt hatte, stand der Faschingsmontag und Faschingsdienstag im Fokus.

Aufgrund der aktuellen Lage ist wohl jede Form von Fröhlichkeit unangebracht (außer für Kinder natürlich!) und daher wendete ich mich dann in der Sendung einem Teilsegment zu, welches sehr selten beleuchtet wird.

In vielen Kriegen hatte das Puppenspiel eine ganz wichtige Funktion: Propaganda und Motivation der Soldaten/des Volkes. Das Puppenspiel war seit seinen Anfängen in der Antike eigentlich immer für ein erwachsenes Publikum gedacht. Dies änderte sich mit der Zeit, wie wir wissen, aber dazu erst später.

Bevor wir uns jedoch der brandaktuellen Thematik Krieg und dessen Verbindung mit dem Puppentheater widmen, möchte ich vorab noch einen kurzen historischen Abriss darstellen:

Eine Ersterwähnung des Handpuppenspiels gab es in Frankreich im Jahr 1211. 1340 gab es die erste Notiz über eine Bezahlung eines Handpuppenspielers. Durch fahrende Spielleute fand diese Art von Theater seine Verbreitung. In der Renaissance stand mechanisches Theater im Fokus so wie die Animation von Figuren in Kästen beziehungsweise Vitrinen, ab 1510 wurden hauptsächlich religiöse Stoffe gespielt wie die Passion Christi oder die biblische Weihnachtsgeschichte. Ab 1666 gibt Pietro Agismondi (heutiges Italien) Vorstellungen in Deutschland. 1708 gibt es in Wien den Marionettenprinzipal Joseph Anton Stranitzky, der dem Publikum den Charakter “Hans Wurst” vorstellte, aus dem sich später dann der Kasperl entwickelte. Später kam dann der Versuch das Theater ortsansässig zu machen und keine Wandertheater mehr zu unterstützen. Zu dieser Zeit gilt das Puppenspiel als das „Theater der unteren Volksklassen“. In der Romantik schreiben namhafte Autoren Stücke für das Puppentheater, wodurch es eine gesellschaftliche Aufwertung erfährt. Das Schattenspiel findet ab 1780 seinen Weg über Italien nach Deutschland und Puppenspiele avancieren zum Entertainment der Oberschicht, mit der Ausnahme des Automatentheater.

Dann folgt jedoch im 19. Jahrhundert eine Zensur der professionellen Marionettenbühnen: Improvisation wird unter Strafe gestellt, das Repertoire wird reduziert, es soll keine anstößigen Stellen mehr geben, das Marionettenspiel verliert politisch-oppositionellen kritischen Charakter. Aber gottseidank gibt es zumindest eine Existenzsicherung durch lebenslang erteilte Lizenzen.

Nun noch zur Hauptfigur Kasper: Entwickelt vom neapoletanischen Pulcinella, deshalb auch die übergroße Nase. Der Kasperl trägt üblicherweise eine rote Zipfelmütze, ein Harlekin Kleid und hatte immer ein Züchtigungsinstrument – eine Klatsche – bei sich. In vielen Ländern gab oder gibt es vergleichbare Figuren:Mr. Punch (England), Guignol (Frankreich), Jan Klaassen (Niederlande),Mester Jakel (Dänemark), Fasulis (Griechenland) und Petruschka (Russland – mit Pfeife) u.v.a.

Zurück zu meinem Studio2 Sendungsbeitrag: Ich hatte auch verschiedene Puppen aus dem asiatischen Raum mit. Martin merkte an, dass diese schon auf den ersten Blick teuer aussehen. Um 1920, Holz geschnitzt, Charakterköpfe, bei einer Wertigkeit um 2000 Euro, ich hatte auch Puppen aus Burma und dem Balinesisch-Indonesischem Bereich mit, so wie Puppen aus dem Schattenspielsegment. 

Kurze Bemerkung am Rande: Marionette heißt übrigens der kleine Mensch. Einfach großartig, oder?

Die beiden Puppen Spejbl und Hurvínek (aus Tschechien) die philosophisch das Leben erklären, habe ich mir, wie auch die anderen Puppen, vom HE-LO Theater und Puppenmuseum ausgeborgt, die über Generationen das Publikum in Korneuburg begeistert haben und nun nach jemandem suchen, der das Museum betreiben möchte. Kern der meisten Spejbl und Hurvínek Stücke sind die Dialoge zwischen dem Vater Spejbl, der oft von sich und seinem Wissen sehr überzeugt ist, und Sohn Hurvínek, der das Können des Vaters infrage stellt.. Die Stücke sind eine Mischung aus groteskem Humor und Alltagssatire. Spejbl und Hurvínek wurden vom Prager Marionettentheater Spejbl und Hurvínek weltweit in 31 Ländern und insgesamt 21 Sprachen aufgeführt.

Nun zurück zum ursprünglichen Link zwischen Krieg und dem Puppentheater, aus dem leider sehr traurigen Anlass:

Öffentlich wichtig für Kriegspropaganda: bereits um 1900 traten im deutsch-österreichischen Raum immer mehr franzosenfeindliche Kasperltheaterstücke auf, welche ihren geschichtspolitischen Ursprung in den politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen mit Frankreich, vor allem um das Elsass-Gebiet im 19. Jahrhundert hatten. 

Sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg waren an der Front Puppenbühnen und Puppenspieler Teil des Geschehens. Die Nationalsozialisten haben die jüdischen Puppentheater geschlossen und somit eine weitere Zensur geschaffen. Das nationales Puppentheater hingegen wird sehr gefördert, um die NS-Propaganda auch im Puppenspiel zu verbreiten, zum Einsatz kam dies auch an der Front.

Kinder werden erst Mitte des 19. Jahrhunderts auch als Publikum entdeckt, bis dahin waren immer nur Erwachsene das Zielpublikum. Das Puppenspiel war Teil der pädagogischen Vermittlung und Inhalte. Kasper lebt in einer Welt in der gute Taten belohnt werden und schlechte leicht bestraft werden. Das künstlerisches Handpuppenspiel bekommt neue Plattformen: Radio, Schulen, Kindergärten, Verbände, sozialpädagogische Einrichtungen, Film. Kasperl & Pezi  wird im ORF seit 1957 regelmäßig ausgestrahlt und ist somit die älteste Fernseh-Kasperl-Puppenbühne.

Die Puppen, die unter die Kategorie “gut” fallen sind Petzi, Großmutter und Gretel und “böse” sind wohl die Hexe, der Räuber und das Krokodil. Diese beiden Kategorien werden einander immer gegenübergestellt – Kasperl hat in Wirklichkeit von beiden Kategorien etwas, wie eben ein ganz normaler Durchschnittsmensch. 

Abschließend ist zu sagen: Sammler:innen von Bühnenpuppen gibt es auf der ganzen Welt. In Österreich zählt André Heller zu den größten Fans des Puppenspiels und ist Besitzer der Urania Puppenbühne.

Ich hatte natürlich auch eine Krokodilhandpuppe (das Krokodil als Ersatzdrache) mit. Wer im aktuellen Konflikt für das Krokodil steht, liegt wohl auf der „Hand“ und kann sich jede/r selbst beantworten…

Vielen Dank an die Leihgeber Hermann Gottfried und Lorli Kaufmann vom HE-LO Puppentheater Museum in Korneuburg!